23.02.11

Handbuch für anständige Mädchen - Elaine Di Rollo


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KLAPPENTEXT:
Zu viel Gedankenfreiheit macht Frauen geschlechtsneutral – das behauptet zumindest Dr. Cattermole. Er weiß bestens Bescheid über das weibliche Gehirn. Auch über das der beiden energischen jungen Schwestern Alice und Lilian, die im England des Jahres 1857 gegen die Moralvorstellungen und das verkorkste Frauenbild ihrer Zeit ankämpfen. Und gegen die scheinheiligen Männer, die sie umgeben. Da ist ihr Vater, den eine ungeheure Sammelleidenschaft antreibt: Das monströse Haus ist mit Kuriositäten vollgestopft – für die Familie bleibt dabei kein Platz. Und da ist Dr. Cattermoles schüchterner Assistent, der kaum ein vernünftiges Wort herausbringt. Und schließlich ist da Mr. Fraser, ein Missionar, der Lilian nach Indien verschleppt. Nur dank eines ausgetüftelten Geheimplans gelingt den Schwestern ein unglaublicher Coup. So erbringen sie den Beweis, dass das weibliche Gehirn so durchschaubar gar nicht ist ...

ZUR AUTORIN:
Elaine Di Rollo arbeitet als Dozentin in Edinburgh. Sie hat ihre Doktorarbeit über die Sozialgeschichte der Medizin geschrieben und wollte gern den weitverbreiteten Glauben, dass zu viel Gedankenfreiheit Frauen geschlechtsneutral mache, aufdecken. „Handbuch für anständige Mädchen“ ist ihr Debüt.

EIGENE MEINUNG:
„Handbuch für anständige Mädchen“ ist ein unterhaltsamer und humorvoller Roman über zwei zielstrebige und intelligente junge Frauen, in einem Zeitalter, in dem man Frauen Intelligenz nicht nur nicht zutraute, sondern auch gern davor bewahren wollte.

Im Wechsel erzählt die Autorin mal von den Erlebnissen der schönen Lilian, mal von den Erfahrungen der wissensdurstigen Alice. Allerdings lässt sie nicht die jeweilige Schwester berichten, sondern einen allwissenden Erzähler. Trotzdem kann sich der Leser sehr gut in die Gefühle und Gedankengänge der Frauen hineinversetzen.

Eigentlich sind Lilian und Alice keine Zwillinge, sondern Drillinge, doch sowohl die dritte Schwester als auch die Mutter der beiden sind bereits verstorben. Ein Grund, warum Mr. Talbot, der Vater der beiden,  besonders gut auf seine Töchter acht gibt. Beiden ist die Kontrolle des Vaters, der außergewöhnliche Dinge in seinem Haus sammelt, weshalb es einem Museum gleicht, zu viel. Sie fühlen sich eingeengt. Lilian wittert ihre Chance in der Heirat mit dem Prediger Selwyn, der sie mit nach Indien nimmt. Doch ob die taffe Lilian, die mit dem Gewehr umgehen kann und reitet wie ein Mann, mit dem eher verweichlichten Kirchenmann den richtigen Fang gemacht hat, bleibt noch dahin gestellt ...

Auch für Alice scheint sich eine Fluchtmöglichkeit zu ergeben, als der junge Fotograf Blake im Haus der Talbots auftaucht. Doch der ist nicht nur irgendwie seltsam, sondern hütet auch ein Geheimnis, das den verrückten Arzt Dr. Cattermole betrifft, der seit Jahren mit Mr. Talbot befreundet ist und plötzlich auf sehr skurrile Ideen kommt...

Die Geschichte lebt in erster Linie von ihren tollen Charakteren. Ein bunt gemischtes Feld unterschiedlicher Charakterzüge prägt die Darsteller dieses Buches. Meine besonderen Lieblinge sind die vielen Tanten, die noch mit im Haus leben. Sie sind ein bisschen der Geist des Hause, haben ihre Augen und Ohren überall, und wollen für die Zwillinge nur das Beste. Sie bereichern manches Gespräch mit ihrer geistreichen und humorvollen Art. Allerdings habe ich nie durchschaut, wie viele Tanten wirklich im Haus leben.
Lilian und Alice sind taff, klug, bewundernswert und unterscheiden sich damit stark von den anderen Damen ihrer Zeit, was die Autorin sehr treffend anhand der Frauen darstellt, die ebenfalls mit Lilian und ihrem Gatten durch Indien reisen.
Mr. Talbot ist so skurril wie sein Haus, bzw. die Dinge, die er darin sammelt, was der Geschichte einen tollen Charakter gibt.
Atmosphärisch befinden wir uns ein wenig in einem Sommerurlaub, was wohl mit dem Schauplatz Indien zusammenhängt. Allerdings wird deutlich, dass der Roman im 19. Jahrhundert spielt, was ihn noch interessanter macht.
Den Titel finde ich eher nicht so passend, da er zwar schon irgendwie den Geist des Buches trifft, aber dann doch nicht so recht den Inhalt. Allerdings finde ich den Originaltitel "The Peachgrowers`Almanach" auch irgendwie nicht so richtig treffend. Dafür besticht das Buch allerdings mit einer tollen Optik.
FAZIT:
Das Buch ist nichts besonderes, nichts aufregend neues, aber es hat mich sehr gut unterhalten. Die Autorin schreibt intelligent und sprachlich so, dass man das Gefühl hat, sich wirklich im 19. Jahrhundert zu befinden, ohne, dass die Sprache schwer oder anstrengend wird. Ratz fatz hatte ich den Roman durchgelesen und muss zugeben, dass ich an manchen Stellen, wenn das Kapitel einer Schwester endete, schon mal vorlesen musste, um zu sehen, wie es mit ihr weitergeht, um dann doch wieder zur anderen Schwester zurück zu kehren, weil mich auch deren Schicksal so interessierte. Zum Ende hin zog sich das Buch ein wenig, aber alles in allem hat es mich gut unterhalten, war spannend, interessant und humorvoll geschrieben und hat deswegen gute 4 von 5 Sterne verdient.
  • Taschenbuch: 448 Seiten
  • Verlag: btb Verlag (12. Juli 2010)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3442740517
  • ISBN-13: 978-3442740512
Meinen herzlichsten Dank an den Verlag btb für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplares.

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