17.07.14

Ins Nordlicht blicken / Cornelia Franz

Ins Nordlicht blicken von Cornelia Franz
"Ja, irgendwann würde ich diesen wahnsinnigen Himmel nicht mehr sehen, diesen Himmel, der in Gelb, Rot und Violett leuchtete, von schwarzen Wolkenfetzen durchzogen, ein Himmel, wie kein Maler der Welt ihn malen könnte. Sogar die zusammengeschaufelten Schneeberge am Straßenrand färbte er rosa. Immer wenn ich diese Farben sah, die sich im Weiß des Treibeises spiegelten, begriff ich, warum mein Vaater nach Grönland gekommen war, vor zwanzig Jahren, und warum er hierblieb."

Mit diesen Zeilen nimmt Autorin Cornelia Franz den Leser mit auf eine Reise in ein Land, das mir bis dato völlig unbekannt war. Grönland. Eine Insel voller Schnee und Eis, deren unendlich weites weiß scheinbar keinerlei Abwechslung bietet. Trotz all der Weite des Meeres und der geringen Bevölkerungsdichte, fühlt sich Protagonist Pakku dort eingeengt. Nichts ist wie in Deutschland, wo er bis zum Tod seiner Großmutter gelebt hat. Nun wohnt er bei seinem Vater, der Alkoholiker ist und ebenso viel Leere in sich verspürt wie Pakku es im Jahre 2011 selbst tut.
"Mein Vater blond und blauäugig, der reinste Wikinger, und ich mit pechschwarzen Haaren und Augen wie Murmeln aus Lavastein. Vielleicht war das der Grund, warum ich oft das Gefühl hatte, im falschen Körper zu stecken."

Ich lasse mich über die Nordsee treiben, über den Atlantischen Ozean, gemeinsam mit Jonathan Querido, der einmal Pakku hieß und im Jahr 2020 eine Reise in seine Vergangenheit antritt. Eine Reise, die ihm helfen soll endlich zu sich selbst zu finden und ihn mit dem, was an vergangenen Tagen passierte aussöhnen soll. Immer hatte er das Gefühl nicht dazu zugehören, nicht der zu sein, den man in ihm sah. Identität ist für ihn ein Fremdwort und damit auch ganz leicht zu wechseln. Wäre da nicht ein dunkler Schatten, der diesen Wechsel eindringlich und unaufhörlich verfinstert wie eine schwarze Gewitterwolke.

"Ich saß mit Aqqaluk und den anderen in einem Boot, einem schwankenden Riesenkajak, das durch die einsamen grönländischen Fjorde trieb und niemanden schien es zu interessieren, wohin es fuhr. Alle paddelten ganz gemächlich, nur ich kriegte es nicht hin, mich ihrem Rhythmus anzupassen."

Die Schreibe der deutschen Autorin Cornelia Franz, deren Roman "Ins Nordlicht blicken" Klima-Buchtipp der deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur e.V. im Januar 2013 wurde, ist so eindringlich wie die grönländische Kälte. Egal wie dick die Schutzschicht ist, die ich um mich bilde, Pakkus Geschichte geht mir unter die Haut, mit all den überraschenden Wendungen und der Härte, mit der die Ereignisse plötzlich zuschlagen. Ein ganz kleiner Kritikpunkt ist für mich, dass ich das Gefühl habe, dass einige Themen angesprochen werden, dann aber nicht so recht ineinander überzugehen scheinen. Das Gesamtbild des Romans, der so ein passendes und wunderschönes Cover hat, stört dies keineswegs, denn ich werde diese Geschichte, die so unberechenbar ist wie das Eis Grönlands selbst, lange in Erinnerung behalten.

Buchinfo:
288 Seiten
8,95 €
Geeignet als Schullektüre

1 Kommentar:

  1. Also Zufälle gibts manchmal ... erst vor ein paar Tagen bin ich über dieses Buch gestolpert und habe mir gedacht, dass das interessant klingt. Und deine Rezension hat mich jetzt umso neugieriger darauf gemacht.

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