23.09.14

Rabenschatten 01: Das Lied des Blutes / Anthony Ryan

Buchdeckel „978-3-608-93925-5

" 'Sie wollen euch in Helden verwandeln, damit ihr dem Familiennamen Ehre macht und sie sich in den Tavernen und Hurenhäusern eurer rühmen können. Vielleicht wollten sie sich aber auch nur ein unliebsames Balg vom Hals schaffen. Wie dem auch sei, vergesst sie! [...]' "

Sie sind noch jung, wenn sie in den Orden kommen. Junge Burschen, die ihre Vergangenheit hinter sich lassen, ihre Familien vergessen müssen. Niemand wird aufgrund seiner Herkunft bevorzugt. Jeder muss sich selbst beweisen, lernen und kämpfen. Prüfungen, in denen sie dem Tod entgegen sehen, um weiter in einem Orden verbleiben zu dürfen, in dem sie mit Schlägen und Härte erzogen werden. Einem Orden, der sich dem Glauben verpflichtet hat und in dem Jungs zu Männern heranwachsen, die einzig dazu leben im Kampf zu bestehen. Jungs, aus denen Waffen werden. Jeder auf seine eigene Art und Weise.

" ' Der Glaube ist die Quelle all unsrer Stärke, doch unsre Dienst am Glauben erfordert Stahl. Mit Stahl ehren wir Glauben. Stahl und Blut - das ist eure Zukunft. Habt ihr verstanden?' "

Einer von ihnen ist Vaelin Al Sorna, Sohn des Kriegsherrn des Königs. Heute ist er der größte Kämpfer seines Reiches und erzählt rückblickend seine Geschichte, die ihn zum Helden, zur Waffe und zum Feind machte. Der Leser begleitet ihn auf einem großen Teil seines Weges und erfährt wie er zu dem wurde, der er heute ist. Eine Geschichte, von Ruhm und Ehre, aber auch eine Geschichte in der die Sprache des Blutes zum Einsatz kommt und etliche Opfer fordert. Denn im Endeffekt sind alle Helden und Kämpfer, Herrscher und Gläubige nur einem ausgesetzt: den Spielen der Mächtigen und dem Wunsch danach mehr und mehr Macht zu erlangen.
" 'Oh, Geld hat er nicht gestohlen, sondern Macht. Macht ist eine furchtbar verlockende Sache, Vaelin. Aber um sie richtig einzusetzen, muss man sie genauso sehr hassen, wie man sie liebt. [...]' "

Das Fantasygenre ist ein schwieriger Bereich in der Literatur. Seine Leser sind entweder sehr kritisch oder sehr genügsam. Etwas dazwischen scheint es nicht zu geben. Ich selbst gehöre zu den sehr kritischen Lesern, die den wachsenden Stapel an Veröffentlichungen in diesem breit gefächerten Genre, das aus so vielen Unterkategorien besteht, skeptisch betrachten. Viele Geschichten, die zu einem Einheitsbrei werden und auch sprachlich nicht so sehr überzeugen, so dass ich mich aus diesem Genre schon zurückgezogen hatte. Doch dann kommt in diesem Herbst der Schotte Anthony Ryan mit einem fast 800 Seiten starken Debüt und nimmt mich vom ersten Moment an so gefangen, dass ich sofort wieder weiß, warum ich Fantasy so sehr mag. Das Facettenreichtum, das diesem Genre eine Grundlage bietet Geschichten voller Lebendigkeit, Fantasie, Hoffnung und Wünschen zu schreiben, in der jeder Leser den Weg zum Helden und Kämpfer gehen kann, indem er -wie in diesem Roman - in den Protagonisten hereinschlüpfen kann, ist wieder da. Epische Fantasy hat endlich einen neuen Helden gefunden. Sein Name ist Vaelin Al Sorna.
" 'Mein Volk hält den Raben für einen Vorboten der Veränderung. Wenn der Schatten eines Raben auf dein Herz fällt, wird sich dein Leben wandeln - ob zum Guten oder zum Schlechten, kann niemand sagen. Unser Wort für Rabe lautet Beral und das für Schatten Shak. Und du, Vaelin Al Sorna, Krieger im Dienste des Glaubens bist der Rabenschatten.' "

Anthony Ryan hat einen Roman kreiert, der von der ersten bis zur letzten Seite spannend ist. Es bleibt kaum Luft um durchzuatmen und trotzdem erschlägt einen das umfassende Werk nicht. Ganz im Gegenteil. Es beinhaltet nicht nur blutige Kampfszenen (davon aber auch ausreichend), sondern unterhält zudem mit einem eigenen sehr passenden Humor, ohne die Ernsthaftigkeit der Geschichte aus dem Auge zu verlieren. Es ist als lausche man tatsächlich dem Lied eines Barden oder der Geschichte eines jener Erzähler, die sich in einer Welt ähnlich dem Mittelalter auf den Marktplätzen herum getrieben haben. Lebendig könnte man den Erzählstil des Autors nennen, der Charaktere entworfen hat, die komplex und eigensinnig sind und dadurch schnell die Sympathien oder auch Antipathien der Leser gewinnen und sie so mitworken lassen in einer Geschichte, die spannender und geheimnisvoller kaum sein könnte.

Ein absolut empfehlenswerter Roman für all diejenigen, die das Genre epische Fantasy schon immer mochten. Dem es gelingen wird etliche Leser aus ihrem Fantasytief zu reißen und zu begeistern und der ein guter Start für all jene ist, die schon immer in dieses Genre einsteigen wollten.

Buchinfo:

Klett Cotta Hobbit Presse (September 2014)
775 Seiten
24,95 €
Originaltitel: Blood Song
Übersetzer: Sara und Hannes Riffel

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