15.09.14

Sehnsucht ist ein Notfall - Sabine Heinrich



"Der erste Januar gilt gemeinhin als Zäsur: Man kann eine Diät beginnen, mit dem Rauchen aufhören oder den Opa abschießen."

Das alte Jahr endet mit einem Schock. Oma will sich von Opa trennen. Und das nachdem sie nun schon eine Ewigkeit verheiratet sind. Eine Ewigkeit, die für Oma scheinbar noch ewiger wirkt, als für Eva, die bei den Großeltern aufgewachsen ist und sich dort immer sicher und geborgen gefühlt hat. Zu ihr war Opa auch immer nett. Oma hingegen muss schon lange mit seinen Psychospielchen auskommen. Jetzt ist Schluss damit. Oma will in eine eigene Wohnung ziehen, ganz egal, ob die Rente gering ist, Opa ihr keinen Haushaltsgegenstand gönnt und sie von ihren Klamotten abgrenzt, irgendwann ist der Zeitpunkt einfach gekommen, an dem Oma auch mal leben möchte.

" 'Süße, ein Handy ist für den Notfall da.' 'Johannes, Sehnsucht ist ein Notfall.' "

Irgendwie sind so Trennungsgeschichten ja ansteckend und führen häufig dazu, dass der ein oder andere sich Hals über Kopf von seinem Partner trennt oder zumindest mal darüber nachdenkt. So erwischt es auch Eva, die sich in der langjährigen Beziehung mit Johannes zwar eigentlich wohlfühlt, aber eben doch nicht mehr diese kribbelnde Leidenschaft spürt, die am Anfang zwischen ihnen war. Als der sehr charmante und extrem gut aussehende Tobias ihr ein unmoralisches Angebot macht, steht ihre Beziehungswelt plötzlich Kopf. Und auf einmal ist gar nichts mehr sicher und Eva stellt sich die Frage, in welche Richtung ihr Leben denn nun gehen soll.

"Der Fußboden in der Küche ist kalt, aber er gibt mir jetzt Sicherheit. Mein Atem wird flach, ruhiger. Meine Lider sind vom Weinen ganz schwer."

"Sehnsucht ist ein Notfall" ist für mich einer der überraschendsten Romane des Jahres. Hatte ich von Radiomoderatorin Sabine Heinrich allenfalls gute Unterhaltung erwartet, hat sie mich mit zusätzlich auch noch mit tiefgründigen Gedanken und sehr liebenswerten Protaginsten begeistert. Vor allem Oma ist mir sehr ans Herz gewachsen und hat dafür gesorgt, dass ich hier und da kleine Gänsehautanflüge bekommen habe. Mit Leichtigkeit erzählt Sabine Heinrich in ihrem Debüt über die Schwere den richtigen Weg im Leben einzuschlagen. Gedanken, die nicht nur junge Menschen beschäftigen, sondern eben auch älteren das Gemüt schwer machen können. Ihr unerwartetes Ende verdeutlicht, dass dies unser Leben lang ein dynamischer Prozess ist, der uns in Gang hält, für Aufregung sorgen kann, aber eben auch für Lethargie. Das es Mut braucht neue Schritte zu gehen, die immer auch von Risiko begleitet werden. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt oder besser gesagt: wer nicht wagt, der nicht lebt.

" 'Warum müssen wir denn überhaupt sagen, dass wir abhauen?' 'Weil wir vermisst werden wollen', sagt Oma und schaut dabei aus dem Beifahrerfenster."

Buchinfo:


Kiepenheuer & Witsch (März 2014)
Klappenbroschur
288 Seiten
14,99 €







2 Kommentare:

  1. Das hört sich toll an. Könnte mir auch gefallen, oder? Oder ist es mir zu anspruchsvoll? Vielleicht kommt es auf meine ellenlange "Will ich mir von dir leihen"-Liste. :D

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