29.06.18

[Fantasy Neuerscheinungen 2018] Juli - September




Der Sommer ist dafür da, um erst einmal die Bücher mit an den Strand oder in die Berge zu nehmen, die schon im Regal stehen. Die Neuerscheinungen halten sich im Vergleich zu den anderen Monaten des Jahres im Rahmen, aber ich kann euch versprechen, dass der Bücherherbst dafür wieder sehr üppig ausfällt.

Auch der September will Gutes für unseren SuB. Fortsetzungen von Reihen, die so spannend sind, dass sie dazu verführen sofort weginhaliert zu werden.

Im folgenden Beitrag stelle ich dir die Fantasy Neuerscheinungen der nächsten drei Monate vor, die mich persönlich am meisten interessieren (die Liste ist damit subjektiv und beinhaltet natürlich nicht alle Neuerscheinungen dieses Zeitraums).






"Das Labyrinth von London" | Benedict Jacka | BLANVALET


"Ein Magier mit dunkler Vergangenheit, der die Zukunft sehen kann." (Blanvalet)

Welche Stadt eignet sich besser für dunkle Magie als London? Das dachte ich sich auch Autor Benedict Jacka, der halb Australier, halb Armenier ist, aber in London aufwuchs. Schon mit 18 machte er sich erste Notizen für einen Roman und nun veröffentlicht er sein Debüt, das mit seinem urbanen Setting ein wenig an die Bücher von Ben Aaronovitch erinnern soll. 


Da London und Magie auch für mich gut zusammenpassen, landet "Das Labyrinth von London" auf meiner Wunschliste.



"Mondstaub und Sonnenstürme" | Maja Köllinger | DRACHENMOND


"Stella ist eine Sternenseele. Sie verfügt über die Gabe, den Kosmos in unseren Köpfen zu ergründen.
Denn wir alle bestehen aus Sternenglanz, Mondstaub und Sonnenstürmen.
Wir alle tragen die kleinsten Teile des Universums in uns.
Wir haben nur verlernt, hinzusehen." (Drachenmond)

"Mondstaub und Sonnenstürme" klingt für mich nach einer fast poetischen Betrachtung der darin erschaffenen Welt. Oder wird die Autorin eher wissenschaftlich vorgehen, aber zusätzlich den poetischen Erzählton, der schon in der Inhaltsangabe angestimmt wird, beibehalten? Es gibt einiges, dass an diesem Buch reizvoll wirkt.



"Phoenicrus. Die Trilogie" | Mirjam H. Hüberli | DRACHENMOND


Die Protagonistin des Romans ist sich sicher. Sie hat eine Schwester. Yosephine. Irgendwo. Das Problem ist, sie kann sich an nichts mehr erinnern. Weder daran, wie Yosephine aussieht, noch wohin sie verschwunden sein kann. Doch seit neustem gibt es ein Indiz, das dafür spricht, dass es Yosephine tatsächlich gibt, auch wenn sie aus den Erinnerungen ihrer Schwester verschwunden ist. Denn auch der Großvater hat immer von ihr gesprochen, aber man hat es als wirres Gerede abgetan. Trotz all der widrigen Umstände macht sie sich auf die Suche nach ihrer Schwester.


Wie die Protagonistin heißt, weiß ich leider nicht, daher diese vage Erklärung. Aber der Gedanke, dass man ihre Erinnerungen gelöscht haben muss, klingt sehr interessant. Warum hat man das getan? Und wo ist ihre Schwester? Es gibt einige Fragen, die dank des Klappentextes schon im Vorfeld entstehen und eine spannende Geschichte versprechen.







"Das Erbe der Weitseher 01: Diener der alten Macht" | Robin Hobb | PENHALIGON


Dieser Roman ist nicht wirklich eine Neuerscheinung und eigentlich auch eine Fortsetzung, aber irgendwie auch ein neuer Einzelband und da es von der großartigen Robin Hobb geschrieben ist, verdient es ein paar Worte mehr.

Protagonist des Romans ist nach wie vor Fitz der Bastard, der auch in "Die Chronik der Weitseher" im Mittelpunkt steht. Die Handlung ist 15 Jahre nach dem Abschluss der vorangegangenen Trilogie angesiedelt und erschien im Verlag Bastei Lübbe schon vor einigen Jahren unter dem Titel "Der lohfarbene Mann". 

Da Robin Hobb zu den ganz Großen der phantastischen Literatur gehört, möchte ich auch diese Trilogie unbedingt lesen.



"Im Turm" | Josiah Bancroft | HEYNE


Der Turm von Babel, der laut biblischer Geschichte das größte Bauwerk der Welt werden sollte, ist im Roman so hoch, dass er in die Wolken reicht. Doch anders als in der Bibel, in der dieser Versuch scheitert, wird der Turm im Fantasy Debüt des amerikanischen Autors von magischen Wesen und geheimnisvollen Kreaturen bevölkert. Er ist ein Ort der Gefahren.

Als Thomas Senlin und seine Frau kurz dieses Weltwunder besuchen wollen, verschwindet Marya spurlos und Thomas bleibt nichts anderes übrig, als in die Spitze des Turms zu reisen, in der Hoffnung, Marya auf dem Weg dorthin wieder zu finden.

Ich finde dieser Roman klingt ein wenig nach einer Abenteuerreise und wenn diese gut gemacht ist, hat er uns LeserInnen einiges zu bieten. Ich erwarte eine Geschichte, die mit Fantasie spielt, vielleicht an einigen Stellen so aufregend ist, dass ich auf den Fingernägeln kauen muss und hier und da mit fantastischen, bisher unbekannten Wesen für ein großes Lesevergnügen sorgt.



"The Hunger: Die letzte Reise" | Alma Katsu | HEYNE


Ich bin mir gar nicht ganz sicher, ob es sich bei "The Hunger" um einen historischen oder einen fantastischen Roman handelt, aber ich vermute mal, dass er sich letztendlich unter letzteres Genre einordnen lässt.

Setting ist Amerika im 19. Jahrhundert. Grundlage der Treck, der nach historischen Angaben "Donner Party" genannt wird und auf dessen Reise viele Menschen starben, weil sie vom Winter überrascht wurden.

Katsu greift dieses historische Ereignis auf. Doch statt vom Winter wird der Treck von "Etwas" verfolgt. "Etwas", das großen Hunger hat. Was das nun ist - ich weiß es nicht. Ich hoffe, dass der Roman sehr spannend ist, ohne zu viel in die Horrorschiene abzurutschen (dafür bin ich ja zu weich). Gerne darf er auch im historischen Bereich bleiben, denn in erster Linie ist es die Atmosphäre, die mich hier reizt.



"Zerrissene Erde" | N.K. Jemisin | KNAUR FANTASY


Vor einigen Jahren habe ich die "Das Erbe der Götter" Reihe von N.K. Jemisin gelesen und war ziemlich begeistert. Eine starke Protagonistin, spannende Handlung, gute Ideen. Daher freue ich mich, dass nun wieder ein Roman der New Yorker Autorin übersetzt und veröffentlicht wird.

"Zerrissene Erde" ist eine Endzeit Saga, die in einem düsteren Weltenentwurf spielt. Ein Lavastrom, der durchs Land fließt sorgt scheinbar dafür, dass die dort lebenden Menschen dem Irrsinn einherfallen. Einer von ihnen ist Essuns Mann, der den eigenen Sohn erschlagen und die Tochter entführt hat. Essun sieht keine andere Möglichkeit als dem Mörder ihres Kindes durch eine Welt voller Gefahren zu folgen, um ihre Tochter zu retten.

Da ich weiß, dass die Autorin solch ein Setting gut aufbauen und darin eine spannende Geschichte entwerfen kann, landet das Buch auf meiner Wunschliste.










"Erdsee" | Ursula K. LeGuin | FISCHER TOR


Dieses Buch ist nun wirklich keine Neuerscheinung, sondern ein Klassiker, ein Meilenstein der phantastischen Literatur.

Zum Tod der Autorin Ursula K. Le Guin hat sich der Verlag Fischer TOR die Mühe gemacht ein ganz besonderes Schmuckstück herauszubringen. Eine illustrierte Gesamtausgabe der Erdsee Reihe im Hardcover Format. Mit 58,00 € nicht ganz günstig, aber sicher ein Schmankerl für alle Fans der Autorin. Ab dem 26. September 2018 im Handel.





FORTSETZUNGEN:



"Die Phileasson Saga 06: Totenmeer" | Bernhard Hennen & Robert Corvus | HEYNE
"Splitterwelten 03: Flammenmeer" | Michael Peinkofer & Christoph Dittert | PIPER





"Das Gold der Krähen" | Leigh Bardugo | KNAUR FANTASY
"Draconis Memoria 02: Der Herr des weißen Drachen" | Anthony Ryan | Hobbit Presse Klett-Cotta




"Die Chroniken von Azuhr 02: Die weisse Königin" | Bernhard Hennen | FISCHER TOR
"Ich und der Weihnachtsmann" | Matt Haig | DTV





27.06.18

[Rezension] Ein Seehund für Herrn Albert | Judith Kerr





Was fängt man mit einem verlassenen Seehundkind an, das man an der Küste findet? Man nimmt es natürlich mit und schmuggelt es an dem herzlosen Hausmeister vorbei direkt in seine Badewanne! Genau das macht der alte Herr Albert – mit ungeahnten Folgen. Das fröhliche Robbenbaby Charlie plantscht sich nämlich nicht nur in Herrn Alberts Herz, sondern auch in das seiner zauberhaften Nachbarin Fräulein Craig. Aber weil Seehunde nun mal nicht in Badewannen leben dürfen, muss ein neues Zuhause für den kleinen Charlie her. Am besten eines, wo für die beiden Menschenfreunde auch noch Platz ist.
(Text & Cover: © S. Fischerverlage; Foto: © N. Eppner)


Herrn Alberts Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit. Judith Kerrs Vater hat als junger Mann versucht ein Seehundbaby, dessen Mutter erschossen wurde, zu retten, indem er es mit nach Hause nahm. Eigentlich sollte der junge Seehund - genau wie der im Buch - in einen Zoo umgesiedelt werden, aber das war leider nicht möglich und so versuchte Kerrs Vater alles, um den kleinen Kerl auf seinem Balkon durchzufüttern, was ihm aber leider nicht gelang und so musste er letztendlich leider eingeschläfert werden.

Judith Kerr war jedes Mal so gerührt von der Geschichte des Seehunds, der später als Erinnerung ausgestopft im Arbeitszimmer ihres Vaters stand, dass sie ihr nicht aus dem Kopf ging und sie ein Buch daraus entstehen ließ. Jedoch keins mit einem solch traurigen Ausgang, sondern eins, das von Nächstenliebe und Menschlichkeit erzählt.

Der Seehund Charlie in "Ein Seehund für Herrn Albert" sorgt dafür, dass Herr Albert neue Kontakte knüpft. Nach dem Verkauf seines Kiosks fühlt er sich oft einsam. Ihm fehlt das Lachen der Kinder. Unter anderem lernt er so seine Nachbarin Millicent näher kennen, die eine große Tierkennerin ist. Gemeinsam bemühen sie sich um ein Zuhause für Charlie. Auf ihrer Suche machen sie die Erfahrung, dass es kaltherzige Menschen gibt, die nur auf Oberflächlichkeiten bedacht sind, aber auch sehr viele nette, die helfen wollen, die ein Herz haben und bereit sind Eingeständnisse zu machen, um andere zu unterstützen. Nur gemeinsam kann man etwas erreichen.

"Ein Seehund für Herrn Albert" ist eine warmherzige Tiergeschichte, aber auch ein kleiner Liebesroman, ein Buch, das von Menschlichkeit spricht. Geschrieben und illustriert für Kinder, aber so nett und liebevoll, dass es auch das Herz eines jeden Erwachsenen erwärmen wird.


Buchinfo:

112 Seiten
Hardcover
12,- €
ÜBERSETZUNG: Sibylle Schmidt

25.06.18

[Rezension] Vier Farben der Magie | V.E. Schwab





Es gibt vier Farben der Magie: Im roten London befindet sie sich im Gleichgewicht mit dem Leben. Im weißen London wird die Magie versklavt, kontrolliert, unterdrückt. Dem grauen London ist sie fast abhandengekommen. Und im schwarzen London hat sie das Leben selbst vertilgt.
Als einer der wenigen Antari springt Kell zwischen den verschiedenen Welten hin und her. Doch er führt ein Doppelleben: Er ist Botschafter der Könige, aber auch ein Schmuggler. Eines Tages wird ihm als Bezahlung für einen außergewöhnlichen Botengang ein schwarzer Stein zugesteckt. Dass es sich um ein mächtiges magisches Artefakt handelt, merkt er erst, als er sich von einem gefährlichen Feind verfolgt sieht, der ihm das gute Stück abjagen möchte und dabei vor keinem Mittel zurückschreckt.
Auf der Flucht trifft der Magier die gewitzte Diebin Delilah Bard, die Kell zunächst ausraubt, ihm dann aber hilft. Allerdings erwartet sie eine Gegenleistung von ihm ...
(Text & Cover: © S. Fischerverlage; Foto: © N. Eppner)


V.E. Schwab ist mir schon lange ein Begriff, denn wer sich ein wenig zwischen den #bookstagram Bildern der Sozialen Netzwerke aufhält, hat die Weltenwanderer schon vielfach in der Originalausgabe betrachten können. (So weit ich es gesehen habe) Immer mit positivem Feedback und so war es keine Überraschung, dass die Freude über die deutsche Übersetzung groß war. Doch dann - ein Einbruch. Sehr selten nur sehe ich die Trilogie oder gar den ersten Band, Rezis dazu gibt es auch nur wenige. Nun habe ich es endlich geschafft mir einen eigenen Eindruck zu verschaffen und kann die Begeisterungsstürme sehr gut nachvollziehen, die scheinbar fehlende Motivation die deutsche Ausgabe zu lesen jedoch gar nicht.

"Vier Farben der Magie" ist der Auftakt der Trilogie, die in einem wirklich spannenden Setting spielt. Statt einem gibt es vier London. Alle gleich und doch unterschiedlich. Nicht alle sind offensichtlich mit Magie ausgestattet, in einem herrscht ein sehr loyales Königspaar mit einem Prinzen, der schwieriger zu hüten ist, als ein Sack Flöhe, in einem anderen befinden sich Geschwister an der Macht, die eine Diktatur führen, voller Grausamkeit Menschen aus reiner Freude quälen und befallen sind von der Gier nach Macht. Nicht jeder Mensch kann von einem ins andere London wandern. Dafür ist eine besondere Fähigkeit notwendig. 

Einer dieser Weltenwanderer ist Kell, ein junger Bursche, der für die Königshäuser arbeitet bzw. Vermittler oder Bote für das Königshaus des roten Londons ist und immer dann, wenn er sich "Zuhause" befindet den Prinzen hütet, damit der nicht nur seinen Lastern frönt. Doch auch der makellos wirkende Kell hat eine schlechte Angewohnheit. Er kann es nicht lassen und schmuggelt Dinge von einer Welt in die andere. So auch ein gefährliches magisches Artefakt, dessen dunkle Seite ihn schneller einholt, als ihm lieb ist.

Auf diesem gefährlichen Schmuggeltrip trifft er auf Lila. Delilah Bard, ihres Zeichens Diebin mit einem Hang zu Fantasie und Träumereien. Unerkannt schleicht sie als Mann durchs graue London und wünscht sich nichts sehnlicher, als Kapitänin auf einem Piratenschiff zu sein. Ein Abenteuer mit Schwertern, Blut und Magie kommt ihr da gerade Recht. Auch, wenn es sich schon lange nicht mehr um eine spaßige Angelegenheit handelt.

Mit Lila und Kell hat Schwab einfach zwei tolle Protagonisten erschaffen. Beide haben viel Charakter, sind gewitzt, sympathisch und trotz Ecken und Kanten wahre Helden. Es ist leicht sie zu mögen und es macht Freude ihre Abenteuer zu begleiten, so dass ich mich sehr auf Band 2 freue.


Buchinfo:

Fischer Tor (2017)
496 Seiten
Taschenbuch
9,99 €
ÜBERSETZUNG: Petra Huber

Reiheninfo:

1. Vier Farben der Magie
2. Die Verzauberung der Schatten
3. Die Beschwörung des Lichts



Rezension: © 2018, Nanni Eppner

21.06.18

[Rezension] Lady Moonshine | Rainer M. Schröder




Südstaaten-Romantik und Prohibition – ein abenteuerliches Frauenschicksal, ein Gangster- und Liebesroman zur Zeit der „Roaring Twenties“.
Mallory Kendrick träumt den amerikanischen Traum von einem besseren Leben, doch auf ihrer kleinen Farm in Virginia, wo sie mit Vater und Bruder lebt, reicht es gerade fürs Nötigste. Es ist die Zeit der Prohibition, und Mallory entdeckt ein besonderes Talent: Bald schon ist sie für ihren ausgezeichneten Brandy als ›Mallory Moonshine‹ bekannt und gerät immer mehr in den Sog einer schillernden Halbwelt. Aus der abenteuerlustigen jungen Schwarzbrennerin wird eine Getriebene, die ihren Weg finden muss und schließlich ganz eigene Ziele verfolgt inmitten zwielichtiger Verehrer, den Hütern des Gesetzes und skrupellosen Gangsterbossen im verruchten Kosmos der Zwanziger Jahre …
(Text & Cover: © Droemer Knaur; Foto: © N. Eppner)


Ich habe schon einige Bücher von Rainer M. Schröder gelesen. Ein Auf und Ab zwischen sehr guten Romanen mit großem Mehrwert an historischen Fakten und Büchern, die mich eher gelangweilt haben. 
Mit "Lady Moonshine" konnte er mich mal wieder so richtig fesseln. Obwohl es ein recht dicker Roman ist, habe ich ihn auf einer 10-stündigen Autofahrt fast in einem weggelesen. Ein echter Schmöker, der seine Leser mitnimmt in die "Roaring Twenties", eine Zeit des Vergnügens und der Gefahr. Denn Gesetzlosigkeit und Gaunerei beherrschen den Alltag.

Im Mittelpunkt steht Mallory Kendrick, die Tochter eines verwitweten Farmers. Gemeinsam mit ihrem Vater brennt sie Whisky. Als Frau in einer Zeit, in der sie noch wenig Rechte hat und in einem Millieu, das eigentlich harten Männern vorbehalten ist, hat sie sich einen Namen als wichtigste Moonshiner (so die Bezeichnung für Schwarzbrenner) erarbeitet. Vom Großvater hat sie das Händchen für den richtigen Zeitpunkt geerbt, so dass sich ihr Whisky geschmacklich deutlich von dem anderer Moonshiner abhebt. Als ihr Vater sich mit den falschen Männern anlegt, ist sie von einem Tag auf den anderen auf sich selbst angewiesen und muss sich nicht nur in einer von Männern beherrschten Domäne behaupten, sondern auch noch gegen skrupellose Gangster zur Wehr setzen.

Schröder erschafft eine wirklich klasse Atmosphäre, die mich von der ersten Seite an mitgenommen hat in das Zeitalter der "Roaring Twenties". Sprachlich wechselt er zwischen derben Sprüchen, die so roh und unberechenbar wirken wie die Typen, die mit Kampfspuren im Gesicht und geldgierigen Augen versuchen die Menschen ihres Bezirks zu unterjochen und abzuzocken, und einem glamourösen Tonfall, der behaftet ist vom Wunsch nach Veränderung, von der Sehnsucht die Vergangenheit hinter sich zu lassen und in ein neues Leben aufzubrechen.

Mallory wird Opfer von Gewalt, Machtgier und Intrigen, muss zusehen, wie ihre Familie zerfällt, weil andere Menschen einen Vorteil daraus ziehen, sich nähren am Fleiß der jungen Frau. Und trotzdem trägt sie zu keiner Zeit den Stempel des Opfers. Sie wirkt stark und resolut. Weiß sich zur Wehr zu setzen und zu ihren Gunsten zu handeln. 

Schröder hat einen sehr atmosphärischen Roman geschrieben, der LeserInnen auf eine spannende Zeitreise entführt. Wissenswertes über Prohibition und Fragen über Recht und Moral werden gekonnt in eine spannende Ganovenstory eingearbeitet und mit starken Figuren zu einem lesenswerten Buch verarbeitet.


Buchinfo:

656 Seiten
Taschenbuch
14,99 €



Rezension: © 2018, Nanni Eppner


19.06.18

[Rezension] Schlaf der Vernunft | Tanja Kinkel




Die 68er Jugend-Revolution eskaliert. Die RAF entsteht. "Schlaf der Vernunft" ist der große RAF-Roman von Bestsellerautorin Tanja Kinkel.Nach fast zwei Jahrzehnten ohne Kontakt fällt es Angelika Limacher schwer, sich nach der Begnadigung ihrer Mutter Martina auf sie einzulassen. Zu sehr lastet die Vergangenheit auf ihrer Seele: Angefangen mit dem plötzlichen Verlust ihrer Mutter, als diese in den Untergrund ging, bis hin zum Kontaktabbruch, als Martina im Gefängnis sitzend von heute auf morgen ihre Tochter nie wiedersehen wollte. Brennende Fragen nagen an Angelika: Wie konnte ihre liebevolle Mutter nur zu einer kaltblütigen Terroristin werden? Und kann sie Martina wieder gefahrlos in den Kreis ihrer Familie aufnehmen? Aber auch das Leid der Opfer verjährt nie, und so suchen auch die Söhne von Martinas Opfern nach Antworten: Warum mussten ausgerechnet ihre Väter sterben? Und wer hat damals wirklich geschossen?(Text & Cover: © Droemer Knaur; Foto: © N. Eppner)


Terror ist ein Thema, das gefühlt sehr aktuell ist. Vor einiger Zeit habe ich irgendwo gelesen, dass die Hochzeit des Terrors jedoch von der RAF angeführt wurde. Eine Thematik, die mir bisher eher abgegangen ist, weil es vor einer Zeit war, in der ich mich politisch interessiert habe. Und leider ist es ja tatsächlich so, dass man sich eher wenig mit vergangenem beschäftigt, wenn man das Gefühl hat, dass es nicht mehr relevant ist.

Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist jedoch extrem wichtig, um die Zukunft zu gestalten. Um Fehler nicht zu wiederholen und eine bessere Basis zu schaffen. 

Als ich gelesen habe, dass Tanja Kinkel, die hervorragende historische Romane geschrieben hat, ein Buch zur RAF Thematik geschrieben hat, war ich ganz begeistert. Es ist für mich eine Möglichkeit mich mit dem Thema auseinanderzusetzen, auch wenn es darin hauptsächlich um eine fiktive Verknüpfung realistischer Tatsachen geht.

Die Anschläge an sich stehen hier auch weniger im Vordergrund, als der Weg dorthin. Die Intention hinter den Taten, Gedankenstrukturen, Wünsche, Hoffnungen, fanatische Verfolgung eigener Wertvorstellungen. Sind diese Massenkompatibel? Sind diese wirklich zum Wohl der Allgemeinheit? Und warum müssen sie mit Gewalt durchgesetzt werden?

Kinkel beleuchtet mehrere Seiten eines Anschlags. Geschickt verwebt sie die Perspektive eines Terrormitglieds und - auf unterschiedlichste Art - vom Anschlag Betroffener. Ich wähle bewusst nicht das Wort Opfer, denn mir gefällt an diesem Roman, dass Kinkel kein schwarz-weiß denken fördert, mich nicht dahin drängt eine der Personen in eine Schublade zu stecken, sondern meine Hand nimmt und mich dazu bewegt kritisch alle Meinungen zu betrachten und mir letztendlich ein eigenes Urteil zu bilden. Dabei kommt es keinesfalls zu Gewaltverherrlichung oder einer Abflachung der Taten. 

Gewalt ist nie eine Lösung!

Kinkel versucht durch ihren Roman den Weg zu gehen, der dazu führt, dass Menschen eine derart drastische Maßnahme in Erwägung ziehen, um ihre Meinung durchzusetzen (ob diese gut oder schlecht ist, sei dahin gestellt) und dafür alles, was sie haben, aufgeben. Sei es Familie, Karriere oder privates Umfeld. Ist das die Freiheit, von der wir alle träumen?

Ich habe "Schlaf der Vernunft" sehr gerne gelesen. Der Roman wird auf verschiedenen Ebenen erzählt und ist extrem spannend konzipiert. Weniger aufgrund der Handlungen, als vielmehr durch die Gedankengänge der verschiedenen Protagonisten, die alle mit einem bestimmten Terroranschlag verbunden sind und ihre eigenen Konsequenzen dadurch erlebt haben. Ein Buch, das auch abschließend keine Wertung für diese Tat ausspricht, aber sehr viel in meinem Kopf bewegt hat.


Buchinfo:

Taschenbuch
448 Seiten
9,99 €


Rezension: © 2018, Nanni Eppner

17.06.18

[Reiseproviant] 5|18: Bücher, Familie, Leben




Familienreise:


Der Begriff Familienreise hat in meinem Leben momentan gleich mehrere Bedeutungen. Zum einen waren wir im Urlaub, zum anderen befindet sich unsere kleine Familie durch den Zuwachs natürlich gerade auf einer Reise, die uns ein wenig ins Ungewisse führt.

Wie wird es wohl werden mit einem weiteren Familienmitglied? Mit einem, das erstmal ankommen muss. Das ganz viel Aufmerksamkeit benötigt. Vielleicht soviel, dass die Räubertochter zurückstecken muss. Das evtl. anfangs nicht so viel schläft. Das uns erst einmal kennenlernen muss. Das vielleicht genau so ist, wie wir es erwarten. Vielleicht aber auch ganz anders. Das unsere komplette in den letzten zwei Jahren erarbeitete (und immer noch völlig unausgereifte) Struktur wieder völlig über den Haufen wirft. Und das hier mit ganz, ganz großer Sehnsucht und Vorfreude erwartet wird.




Es sind so viele Dinge, die uns deshalb durch den Kopf gehen. Uns betreffend, aber vor allem was die Räubertochter angeht, die viel Aufmerksamkeit bekommt, die gerade in einem Alter ist, in dem sie jede Menge Entwicklungsschritte durchlebt, unheimlich viel Freude macht, entdeckt, lacht und mit uns und an sich selbst wächst. Gemeinsam gehen wir Schritt für Schritt. Und irgendwie müssen wir darauf vertrauen, dass es auch weiterhin so gut funktioniert wie bisher.

Ende Mai bis Anfang Juni waren wir im Urlaub in Südtirol. Dorthin verschlägt es uns jedes Jahr. Warum ein anderes Reiseziel suchen, wenn es uns dort so gut gefällt? Wieder einmal hat sich bestätigt, dass diese Gegend für uns ein Ort der Energie ist. Dass wir dort auftanken können, einfach durchs "da sein". Durch den Blick auf die Berge, die Kraft der Natur, die Ruhe und Entschleunigung




Wie immer zog es uns in die Abgeschiedenheit. Diesmal allerdings statt in die gewohnte Pension auf einen kleinen Bauernhof, wenige Kilometer weiter. 

Durch meine Symphysen Lockerung (die glücklicherweise durch die letzte Osteopathie Behandlung deutlich besser ist), konnte ich nicht wirklich wandern. Eine kleine Tour bin ich trotzdem mitgelaufen und habe wieder einmal festgestellt, welchen Wohlfühleffekt wandern auf mich hat. Wie sehr es mich befreit und unterstützt. Sobald ich nach der Geburt wieder in der Lage bin mich ausgiebig zu bewegen, werde ich das tun und meine Mutter-Kind-Wanderungen wieder aufnehmen. In welcher Form ich beide Kinder unterbringen werde (suche noch einen Croozer Fahrradanhänger / Geländebuggy. Falls wer einen abzugeben hat, bitte melden), weiß ich noch nicht genau, aber wir werden definitiv wieder unsere Zeit mit laufen in der Natur verbringen.

Der Räubertochter hat der Urlaub trotz weniger Unternehmungen so richtig gut gefallen. Sie konnte so viel herumlaufen wie sie wollte, Kaninchen füttern, Trampolin springen, Katzen durch die Gegend tragen, im Sand spielen, schaukeln und einfach Kind sein. Ohne, dass wir ständig daneben stehen mussten. Das war für uns alle sehr erholsam. Das Gefühl der Ausgeglichenheit während unserer Urlaubswoche war großartig.





Literarische Reise:


Der Urlaub hat für reichlich entspannte Lesezeit gesorgt. Ich hatte diesen großen Stapel mit und habe es tatsächlich geschafft "Über den Dächern wir zwei", "Rabenschatten 02", "Wir hier draussen" und "Lady Moonshine" zu lesen.




Wieder Zuhause habe ich kaum mehr als 100 Seiten gelesen. Zumindest keine Romanseiten. Mit Ankunft im Wohnort schwand die Ruhe. Ihr folgte eine innere Unruhe, die bis jetzt anhält und mit erhöhtem Internetkonsum gepaart ist. Es sind nicht nur die sozialen Netzwerke, die meine Zeit und meine Ausgeglichenheit fressen, sondern etliche Seiten, die mit unseren Kindern zu tun haben. Shopping, Ratgeber, Erfahrungsberichte anderer Mütter, noch mehr Shopping, Ideen zur Kinderzimmergestaltung (obwohl das ja schon fertig ist. Die Kinder werden sich erstmal ein Zimmer teilen, da das Baby ja sowieso vorerst im Beistellbett schläft) und, und, und (ich sollte mir das hier zulegen). Vielleicht ist es der Nestbautrieb, der mich so unruhig macht und mir meine Lesezeit raubt. Vielleicht sind es aber auch ganz andere Dinge, die mir durch den Kopf gehen. 

Bekämpft wird dieses Lesetief mit "Vier Farben von Magie" von V.E. Schwab, das eigentlich ziemlich gut geschrieben ist, aber eben auch nicht so richtig gegen meine Unruhe ankommt, und mit Bücherkauf. Klar, was soll man sonst auch machen? Wenn man es nicht schafft den SuB abzubauen, dann muss man ihn wenigstens aufbauen.

Sehr gerne lese ich aktuell in "Why not? Ein Leben ohne Wenn und Aber" von Lars Amend. Einem Ratgeber, der Gedanken dazu aufwirft, wie wir unsere Träume und Ziele benennen und umsetzen können. Nichts esoterisches, sondern Erfahrungswerte, Anstöße und Hilfestellungen einige Bereiche im Leben zu überdenken und den eigenen Bedürfnissen entsprechend anzupassen. Gelesen wird Kapitelweise, Stück für Stück, denn ich bin so sehr mit markieren, nachdenken und aufschreiben beschäftigt, dass mehr einfach nicht drin ist.




Kulinarische Reise:


Ob es wohl auch zum Nestbautrieb zählt Früchte zu sammeln, Marmelade zu kochen, Sirup herzustellen usw? Vermutlich schon. 

Zwischen Löwenzahngelee und Erdbeermarmelade, Holundersirup und Tomatensauce fühle ich mich auf jeden Fall ganz wohl. Das Zubereiten ist irgendwie meditativ, der Vorratskeller füllt sich und Familie und Freundeskreis freuen sich.




Hab einen feinen Sonntag. 

Lass dich nicht aus der Ruhe bringen und genieße deinen Tag.

15.06.18

[Hörbuch] Das rote Kleid | Guido Maria Kretschmar | Sprecher: Guido Maria Kretschmar, Katharina Thalbach, Anna Thalbach, Nellie Thalbach




Anascha ist ein wunderschönes rotes Kleid aus feiner Seide. Sie hängt an einem Filmset in der Garderobe und wartet voller Spannung auf ihren Auftritt. Sie ist froh, dass sie in guter Gesellschaft ist: Da gibt es Eric, den alten Mantel, der bald ihr engster Vertrauter wird, ein liebenswertes Nachthemdchen, das immer vom Bügel stürzt, oder Lulu, das charmante Revuekleid aus Las Vegas. Nur gut, dass sie alle zusammenhalten, denn es steht ihnen so manches Abenteuer bevor. Und vielleicht gelingt es Anascha am Ende sogar, sich ihren großen Traum zu erfüllen – einen Menschen zu haben, der sie wirklich liebt, für immer ...
(Text & Cover: © Verlagsgruppe Randomhouse Bertelsmann; Foto: © N. Eppner)


Guido Maria Kretschmar ist für mich einer der sympathischsten Persönlichkeiten der Öffentlichkeit. Seine Sendung "Shopping Queen" schaue ich (leider) nicht allzu oft, aber sie ist seit Jahren im Programm eines deutschen Privatsenders, was davon zeugt, dass sie sehr beliebt ist und immer noch fleißig angeschaut wird. Ich glaube, dass Guido himself einer der Gründe dafür ist. Seine Aufrichtigkeit, seine Authentizität und vor allem seine Menschlichkeit, mit der er sich für jede Teilnehmerin das passende Outfit wünscht. Einer meiner liebsten Sätze von ihm ist "Das tut nichts für dich" (das Kleidungsstück), weil es zeigt wie sehr er sich wünscht, dass Mode uns noch schöner macht, uns verzaubert und zu einem guten Gefühl verhilft.

Genau diesen Wunsch baut er auch in seinen ersten Roman ein, in dem Anascha, ein wunderschönes rotes Seidenkleid die Hauptrolle spielt. Anascha wünscht sich nichts so sehr wie geliebt zu werden und einen Menschen zu finden, mit dem sie glücklich werden kann. Sie landet im Kostümabteil eines Filmsets und hört dort nicht nur die Geschichten der anderen Kleidungsstücke, die aus den unterschiedlichsten Teilen der Welt kommen, sondern bekommt auch live das Leben einiger Menschen mit. Einer Diva, die Angst vorm älter werden hat, einem sympathischen Filmsternchen, das sich ebenfalls danach sehnt geliebt zu werden, einer zu ehrgeizigen jungen Frau und vieles mehr. 
Auf ihrem Weg von der Schneiderei in den Kleiderschrank macht sie Bekanntschaft mit Wünschen, Hoffnungen und Träumen, mit Sehnsüchten und Ängsten. 

So sympathisch und menschlich wie Guido Maria Kretschmar während seiner Fernsehauftritte wirkt, ist auch seine Geschichte. Sie erzählt von einem liebevollen Miteinander und wärmt das Herz. Kleiner Kritikpunkt könnte Spannung sein. Die fehlt hier gänzlich, wenn man sie denn sucht. Allerdings ist der Roman auch nicht darauf ausgelegt.

Gesprochen wird der Roman nicht nur von Guido, sondern auch von den Frauen der Familie Thalbach - drei Generationen geballte Schauspielpowerfrauen. Mit ihrer Fähigkeit sich in die unterschiedlichsten Charaktere und Dialekte einzufinden, geben sie dem Roman ganz viel Wärme und Lebendigkeit. Guido Maria Kretschmar steht ihnen jedoch in nichts nach und begeistert mit seinem Talent in andere Rollen zu schlüpfen.


Hörbuchinfo:

Der Hörverlag (März 2018)
MP 3, ungekürzte Lesung
1 CD
303 Minuten
14,99 €

13.06.18

[Rezension] Dieses Leben gehört: Alan Cole - bitte nicht knicken | Eric Bell




Mein Name ist Alan Cole, und ich bin kein Feigling.Nicht mehr.
Alan Cole ist zwölf Jahre alt, ein Kunstgenie, und er hat ein Geheimnis: Er ist in seinen Mitschüler Connor verliebt – aber das darf niemand erfahren! Doch dann bekommt ausgerechnet sein älterer Bruder Nathan davon Wind, und er erpresst Alan. Sieben hundsgemeine Aufgaben muss er erfüllen, sonst erzählt Nathan der ganzen Schule von Alans Schwärmerei. Zum Glück hat Alan genügend Mut, um sich seiner Herausforderung zu stellen – und er hat noch etwas: zwei verrückte Freunde, die fest zu ihm halten.
(Text & Cover: © Fischerverlage; Foto: © N. Eppner)


Alan ist der geborene Loser. Wirklich. Seine Geburt hat ihn tatsächlich in diese Position hinein gebracht. Sicher hat noch niemand so viel Knete von seinem  großen Bruder oral verabreicht bekommen wie Alan. Eine eigene Meinung darf er Zuhause nicht haben und sowieso in nichts besser, nicht klüger und nicht erfolgreicher in der Schule sein, als Nathan der Erstgeborene der Familie, der immer und ständig um die Gunst des Vaters kämpft.

Der ist eine der fiesesten Figuren des Romans. Engstirnig, cholerisch und rechthaberisch. Nur seine Meinung zählt, seine Söhne sind wertlos und sein Frau noch viel wertloser. Er denkt in Schubladen und ist darauf bedacht, dass andere - wichtigere - Menschen ein positives Bild von ihm haben. Das allerdings so rein gar nicht mit der Realität überein stimmt. Es ist kein Wunder, dass Alan und Nathan kein Selbstbewusstsein, aber viel inneren Frust aufbauen.

Schon seit einiger Zeit denkt Nathan sich Aufgaben aus, die Alan erfüllen muss. Deren Lösungen aber fast nicht machbar sind. Zumindest nicht für Alan. Doch diesmal ist alles anders. Nathan erpresst Alan damit, dass dieser in seinen Mitschüler Connor verliebt ist. Wenn dieses Geheimnis ans Licht kommt, kann Alan einpacken. Sowohl in der Schule, als auch Zuhause. Ob ihm die skurrilen Tipps und Tricks, die seine Freunde vorschlagen, zur Lösung der Aufgaben helfen, schient schier unglaublich.

Manchmal versteckt sich das Glück im Unerwarteten.

Eric Bell schreibt humorvoll, aber mit ernstem Grundgedanken. Locker und sehr unterhaltsam und trotzdem ist für jede(n) Leser(in) sofort ersichtlich, dass eine gewisse Dramatik in Alans Leben steckt und dass der Ursprung dessen tiefgründiger ist, als erwartet. Ein Strudel, der sein Leben ins dunkel ziehen möchte, aber - und das gefällt mir am meisten - Alan Cole lässt sich das nicht gefallen und bemerkt, dass man immer selbst in der Hand hat wer man ist. Ganz ohne Stolperfallen geht es zwar nicht ab, aber dank Freunden, die zwar verrückt, aber herzlich sind, hat er eine gute Basis, um nach vorne zu schauen. Leseempfehlung!



Buchinfo:

304 Seiten
Hardcover
14,00 €
Übersetzung: André Mumot


Rezensionen: © 2018, Nanni Eppner

10.06.18

Zwischen den Zeilen lesen: der besondere Erzählstil von Tamara Bach


Damaris vom Blog Damaris liest und ich haben einen ähnlichen Buchgeschmack und tauschen uns gerne über unser Gelesenes aus. Vor einiger Zeit stach uns "Mausmeer", der neue Roman der deutschen Autorin Tamara Bach ins Auge. Wir beide hatten bereits eines ihrer Bücher mit Begeisterung gelesen. Begeisterung deshalb, weil sie sich aus einer breiten Masse hervorhebt. Das gefällt Damaris und mir so gut, dass wir beschlossen alle Bücher Bachs, die im Carlsen Verlag erschienen sind, zu lesen. Am Ende des Beitrags verlinke ich alle unsere Rezensionen.




Inhaltlich unterscheiden sie sich nicht unbedingt von anderen Büchern für eine jugendliche Zielgruppe, weil sie Themen verarbeiten, die für Jugendliche / Heranwachsende an der Tagesordnung sind. Die zu den Themen gehören, die junge Menschen in den Umbruchphasen von Pubertät und Schulwechsel bzw. Schulabschluss beschäftigen. Doch in der Umsetzung dieser Themen unterscheiden sie sich stark von anderen. Und sie können problemlos von Erwachsenen gelesen werden.

Welche Themen das sind und wie sie wirken, damit hat sich Damaris in ihrem Artikel "Die Wahrhaftigkeit im Jugendbuch" ausgiebig beschäftigt.




Zwischen den Zeilen lesen. Ein offenes Auge und Ohr haben für Zwischentöne, für Melodien, die nicht offensichtlich sind. Raum für eigene Gedanken und Fantasien. Das finden wir eher selten im Jugendbuch und es bedarf meist einer recht komplexen Schreibe, an die sich nicht jede(r) Autor(in) heranwagt. 

In Tamara Bachs Büchern finden wir ganz genau so eine komplexe Schreibe. Vom Grundaufbau ähnelt sich ihr Erzählton in jedem Buch und doch habe ich bei jedem einzelnen Roman das Gefühl, dass sich der besondere Stil und die Handlung so miteinander verweben, dass sie wieder ganz individuell werden. Thema und Ton fügen sich in eine ganz eigene Harmonie, die Tamara Bach nicht bewusst wählt, die aber immer dafür sorgt, dass ich mich aufgefangen fühle. Auch dann, wenn die Themen mal etwas schwieriger werde.

Ich kann in ihren Büchern einfach eine oberflächliche, gut erzählte Geschichte entdecken oder ich nehme mir Zeit für Zwischentöne. Für Melodien, die für mich singen. Erinnere mich daran, wie es in meiner eigenen Jugend war, erkenne Gefühle wieder oder stelle mir Fragen, die mich in meiner aktuellen Situation weiterbringen (in "Marienbilder" geht es z.B. auch um die Beziehung zwischen Mutter und Tochter). Gedanken für die mir Tamara Bach mit ihrer komplexen Schreibe Raum lässt. Sie drängt mich in keine Schublade, sondern, lässt mir Platz zum mitdenken. Zum selber denken. Dazu meine eigenen Gedanken Flügeln zu geben.

Manchmal kommt sie auch von Hölzchen auf Stöckchen - das kenne ich nur zu gut aus meinem eigenen Denken - weil es so viele Dinge gibt, die gleichzeitig durchdacht und ausgesprochen werden können. Damit liefert sie mir auch nach dem Lesen noch ganz viel Material und das gefällt mir richtig gut.




1. Warum haben Sie für sich das Jugendbuch als Genre ausgewählt? Beziehungsweise, was macht es für Sie so reizvoll Themen aufzugreifen, die für jugendliche Leser wichtig sind?
Ich bin da eher so reingeraten. Marsmädchen habe ich damals in England aus Langweile geschrieben. Aber auch, weil ich mal einen Text über die Zeit schreiben wollte, in der plötzlich alles anders wird. Wo man den kompletten Freundeskreis vielleicht austauscht, keine Unterhaltung mit der eigenen Mutter mehr führen kann, ohne sich zu streiten. Und Sehnsucht hat, ohne formulieren zu können, wonach. Einfach „mehr als das hier“ oder „anders als das hier“.
Das zieht sich vielleicht seitdem durch mein Schreiben, Sehnsucht, Veränderung. Und das ist eben - auch - symptomatisch für Jugend. Aber nicht nur.


2. Ihr Schreibstil ist sehr komplex. Warum haben Sie sich für einen Stil entschieden, der nicht alles auf den ersten Blick offen legt und dem Leser mehrere Perspektiven ermöglicht?
Das sind alles keine Entscheidungen, die man bewusst trifft. Wie auch das mit dem Jugendbuch. Also ICH treffe da keine bewussten Entscheidungen.
Dieser Schreibstil ist das Produkt meiner Entwicklung. Von Texten, die ich auch geschrieben habe, sei es mit fünfzehn, mit 28, dem Feedback was ich dazu bekommen habe, aber auch Texte, die ich gelesen habe. Irgendwann kristallisiert sich da eben ein eigener Stil raus, der zu meiner Art Geschichten passt. und der ist ja auch noch nicht fertig. ich glaube, in 20 Jahren wird der wieder ein bisschen anders sein. Der passt sich ja auch von Buch zu Buch an die jeweilige Geschichte und deren Protagonisten an.
Und es ist nicht meine Art dem Leser zu erklären, was er zu verstehen hat. 

3. Hat sich durch das Schreiben von Romanen Ihr Blick auf Ihr Umfeld oder die Umwelt verändert?
Ich glaube, man schreibt, weil man eh einen eigenen Blick auf die Umwelt hat und andere Dinge sieht. Das ist nur eine Theorie, dass Menschen, die kreativ arbeiten, weniger Filter haben, dass mehr rein kommt und man Wege sucht um alles Gesehene, Gehörte, Gefühlte zu verarbeiten. 




Rezensionen:


"Was vom Sommer übrig ist"

"Vierzehn"

"Marienbilder"

"Mausmeer"




Text & Fotos: © 2018, Nanni Eppner