19.06.18

[Rezension] Schlaf der Vernunft | Tanja Kinkel




Die 68er Jugend-Revolution eskaliert. Die RAF entsteht. "Schlaf der Vernunft" ist der große RAF-Roman von Bestsellerautorin Tanja Kinkel.Nach fast zwei Jahrzehnten ohne Kontakt fällt es Angelika Limacher schwer, sich nach der Begnadigung ihrer Mutter Martina auf sie einzulassen. Zu sehr lastet die Vergangenheit auf ihrer Seele: Angefangen mit dem plötzlichen Verlust ihrer Mutter, als diese in den Untergrund ging, bis hin zum Kontaktabbruch, als Martina im Gefängnis sitzend von heute auf morgen ihre Tochter nie wiedersehen wollte. Brennende Fragen nagen an Angelika: Wie konnte ihre liebevolle Mutter nur zu einer kaltblütigen Terroristin werden? Und kann sie Martina wieder gefahrlos in den Kreis ihrer Familie aufnehmen? Aber auch das Leid der Opfer verjährt nie, und so suchen auch die Söhne von Martinas Opfern nach Antworten: Warum mussten ausgerechnet ihre Väter sterben? Und wer hat damals wirklich geschossen?(Text & Cover: © Droemer Knaur; Foto: © N. Eppner)


Terror ist ein Thema, das gefühlt sehr aktuell ist. Vor einiger Zeit habe ich irgendwo gelesen, dass die Hochzeit des Terrors jedoch von der RAF angeführt wurde. Eine Thematik, die mir bisher eher abgegangen ist, weil es vor einer Zeit war, in der ich mich politisch interessiert habe. Und leider ist es ja tatsächlich so, dass man sich eher wenig mit vergangenem beschäftigt, wenn man das Gefühl hat, dass es nicht mehr relevant ist.

Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist jedoch extrem wichtig, um die Zukunft zu gestalten. Um Fehler nicht zu wiederholen und eine bessere Basis zu schaffen. 

Als ich gelesen habe, dass Tanja Kinkel, die hervorragende historische Romane geschrieben hat, ein Buch zur RAF Thematik geschrieben hat, war ich ganz begeistert. Es ist für mich eine Möglichkeit mich mit dem Thema auseinanderzusetzen, auch wenn es darin hauptsächlich um eine fiktive Verknüpfung realistischer Tatsachen geht.

Die Anschläge an sich stehen hier auch weniger im Vordergrund, als der Weg dorthin. Die Intention hinter den Taten, Gedankenstrukturen, Wünsche, Hoffnungen, fanatische Verfolgung eigener Wertvorstellungen. Sind diese Massenkompatibel? Sind diese wirklich zum Wohl der Allgemeinheit? Und warum müssen sie mit Gewalt durchgesetzt werden?

Kinkel beleuchtet mehrere Seiten eines Anschlags. Geschickt verwebt sie die Perspektive eines Terrormitglieds und - auf unterschiedlichste Art - vom Anschlag Betroffener. Ich wähle bewusst nicht das Wort Opfer, denn mir gefällt an diesem Roman, dass Kinkel kein schwarz-weiß denken fördert, mich nicht dahin drängt eine der Personen in eine Schublade zu stecken, sondern meine Hand nimmt und mich dazu bewegt kritisch alle Meinungen zu betrachten und mir letztendlich ein eigenes Urteil zu bilden. Dabei kommt es keinesfalls zu Gewaltverherrlichung oder einer Abflachung der Taten. 

Gewalt ist nie eine Lösung!

Kinkel versucht durch ihren Roman den Weg zu gehen, der dazu führt, dass Menschen eine derart drastische Maßnahme in Erwägung ziehen, um ihre Meinung durchzusetzen (ob diese gut oder schlecht ist, sei dahin gestellt) und dafür alles, was sie haben, aufgeben. Sei es Familie, Karriere oder privates Umfeld. Ist das die Freiheit, von der wir alle träumen?

Ich habe "Schlaf der Vernunft" sehr gerne gelesen. Der Roman wird auf verschiedenen Ebenen erzählt und ist extrem spannend konzipiert. Weniger aufgrund der Handlungen, als vielmehr durch die Gedankengänge der verschiedenen Protagonisten, die alle mit einem bestimmten Terroranschlag verbunden sind und ihre eigenen Konsequenzen dadurch erlebt haben. Ein Buch, das auch abschließend keine Wertung für diese Tat ausspricht, aber sehr viel in meinem Kopf bewegt hat.


Buchinfo:

Taschenbuch
448 Seiten
9,99 €


Rezension: © 2018, Nanni Eppner

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