28.08.19

Der Horizont der Freiheit | Ines Thorn




Frankfurt 1848. Die Stadt ist in heller Aufregung. Die Nationalversammlung tagt in der Paulskirche. Auch der Verleger Joseph Rütten wird von dieser Aufbruchsstimmung angesteckt. Mit seinem Geschäftspartner Zacharias Löwenthal möchte er all die wesentlichen Texte drucken, um die Revolution zu befördern – allen voran den Roman »Wally – die Zweiflerin « von Gutzkow. Doch seinen Verlag plagen nicht nur Probleme mit der Zensur, sondern zudem große Geldsorgen. Und er ist verliebt – in Wilhelmine Pfaff, die Witwe eines Druckers. Die revolutionäre Atmosphäre in der Stadt droht umzuschlagen. Zwei Delegierte werden ermordet – und bald hat die Obrigkeit eine Verdächtige gefunden: Henriette Zobel, eine Freiheitskämpferin und Wilhelmines beste Freundin.
(Text & Cover: © Aufbau; Foto: © N. Eppner)


"Der Horizont der Freiheit" ist ein spannender und authentischer Ausflug in die deutsche Geschichte. Die Reise führt uns ins Frankfurt des aufrührerischen 1848. Revolten, politische Forderungen und Umbrüche bringen das Volk in Bewegung. Die Rede ist von der sogenannten Märzrevolution, über die ich bisher viel zu wenig wusste.

Ines Thorn packt nun diesen Teil der deutschen Geschichte in einen Roman, so dass die Auswirkungen der Märzrevolution und was sie für einfache Bürger bedeutete, deutlich und greifbar wird. Aus realen Geschehnissen und historischen Figuren wird gemeinsam mit fiktiven Figuren und Handlungen ein Roman, der mich gut unterhalten und mir zugleich einiges Wissen über die politischen Verhältnisse der Jahre 1848/49 vermittelt hat, aber auch über die Geschichte der Literatur.

Grundlage dafür sind unter anderem Figuren wie Joseph Rütten, der später gemeinsam mit seinem Geschäftspartner den Verlag Rütten & Löning gründete und Henriette Zobel, die für die Abschaffung der Monarchie und Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger kämpfte. Außerdem treffen wir auf den Autor des Struwwelpeter.

Joseph Rütten und Zacharias Löwenthal gehören zu denen, die fortschrittlich denken. Sie verlegen Schriften wie Marx und Engels, die sich für den Kommunismus aussprachen und für die Durchsetzung desselbigen Gewalt einforderten. Ihre aufrührerischen Schriften zu verbreiten konnte das gesellschaftliche Aus bis hin zu Haft bedeuten. 

Rüttens Nachbarin ist die Witwe Wilhelmine Pfaff, die seit dem Tod ihres Mannes die Druckerei weiterführt und als Frau auf vielerlei Gegenwehr und Hindernisse trifft, die ihr als Mann nicht begegnet wären. Neben Rütten und Zobel ist Pfaff eine eher blasse Figur. Sie traut sich nicht zurecht sich aufzulehnen, möchte von Politik nichts wissen und hält eigentlich an der klassischen Rollenverteilung fest. Durch den Tod ihres Mannes ist sie jedoch darauf angewiesen neue Wege zu gehen. An ihr zeigt die Autorin deutlich wie abhängig Frauen im 19. Jahrhundert von Männern gemacht wurden, wie sie systematisch klein gehalten und von jeglichen tragenden Entscheidungen fern gehalten wurden und so auch keinerlei Möglichkeit besaßen in der Öffentlichkeit Einfluss zu bekommen. Es ist immer wieder erschütternd welche Rechte wir Frauen uns erkämpfen mussten, welche Möglichkeiten uns immer noch vorenthalten werden, aber auch wie sehr wie uns manchmal selbst davon distanzieren unsere Rechte auch zu nutzen und somit eher wieder rückwärts arbeiten.

"Der Horizont der Freiheit" ist sehr gut recherchiert und wirkt dadurch sehr authentisch. Die Schreibe der Autorin ist flüssig und so fand ich immer wieder schnell in die Geschichte rein, die ich als sehr spannend empfand. Ein Buch, das ich schnell inhalierte, das kurzweilig und gut verständlich ist und mein Wissen zur deutschen Geschichte bereicherte.


Buchinfo:

Klappenbroschur
392 Seiten
18,00 €

20.08.19

Die 13 Gezeichneten | Judith und Christian Vogt




Sygna, die Stadt des Handwerks. Die Stadt der magischen Zeichen. Seit die Armee von Kaiser Yulian die Stadt erobert hat, ist den Einheimischen die Ausübung ihrer jahrhundertealten Magie jedoch verboten. Eine Widerstandsgruppe will dies nicht hinnehmen.
Auch Dawyd, Mitglied der Fechtgilde, wird für die Ziele der Rebellen eingespannt. Denn die kaiserliche Geheimpolizei strebt danach, die mächtigen Wort-Zeichen unter ihre Kontrolle zu bringen. Mit ihnen wären die Besatzer in der Lage, Gefühle und Gedanken zu manipulieren, und das muss um jeden Preis verhindert werden …
(Text & Cover: © Bastei Luebbe; Foto: © N. Eppner)


Wo fange ich an? Wo höre ich auf?

"Die 13 Gezeichneten" ist ganz anders, als erwartet. Noch besser. Komplexer, vielschichtiger, ernster, überraschender, fesselnder, aufrüttelnder. 

Der Focus der Geschichte liegt auf der Rebellion einer kleinen Widerstandsgruppe, die gegen die Machtübernahme ihrer Heimatstadt Sygna durch Kaiser Yulian kämpft. Daraus ergibt sich ein Netz an Gedanken, die vom Autorenpaar Vogt ganz großartig in die Geschichte eingewoben werden.

Worum es im Buch geht, steht ja schon in der Inhaltsangabe, deshalb möchte ich mich damit nicht lange aufhalten. Da wir anfangs fast allen Protagonisten mal begegnen, ist mir der Einstieg in den Roman etwas schwer gefallen. Von der ersten Seite an war ich mitten im Geschehen und musste mich erstmal orientieren wer, was, wohin. Eine Dramatis Personae wäre hilfreich gewesen, aber der eingängige Schreibstil der Autoren hat sein übriges getan und nach etwa 50 Seiten fühlte ich mich angekommen.

Handlungsort ist Sygna, eine Stadt, in der die Handwerkskunst durch Magie der Zeichen verstärkt wird. In der die Handwerke in Gilden aufgeteilt sind, die sich eine fundierte Ausbildung auf die Fahne schreiben. Auch die damit verbundene Magie der Zeichen basiert auf jahrelang erlerntem und über Generationen weitergegebenem Wissen. Durch den Einsatz der Magie steigt die Qualität. Ob Schmiede- oder Papierhandwerk oder Fechtkunst. Wie überall ruft auch hier der Erfolg Neider auf den Plan und auch die damit verbundene Macht weckt gierige Hände, die gewaltvoll danach greifen.

Kaiser Yulian nimmt Sygna ein. Zunächst unter dem ehrenvollen Hintergedanken die Magie der Zeichen für jeden zugänglich zu machen und das Kastenähnliche System der Gilden zu durchbrechen, doch dann läuft alles anders, als geplant.

Das ist ja auch irgendwie der Knackpunkt von Rebellionen und Umstürzen von Machtsystemen, egal ob wirtschaftlicher oder politischer Art. Es ist nicht so einfach aus einem diktatorischen System ein demokratisches zu bilden, weil die Umstrukturierung gut durchdacht sein muss und nicht übers Knie gebrochen werden kann. Gelangt man dann noch unerwartet zu Macht, greift diese oftmals auch noch zum ehemals vielleicht toleranten Charakter und zieht ihn auf die dunkle Seite.

Was die Rebellen in "Die 13 Gezeichneten" erreichen wollen, ist relativ klar. Der Weg dorthin weniger, denn auch sie bemerken, dass dieser nicht so gradlinig zu erreichen ist, wie sie sich das vorgestellt haben. Eine Rebellion kostet immer. Menschen, Leben, Werte. Entscheidungen gehen einher, Trennungen, Verzicht. Dinge, die nicht jeder entbehren kann. Wie einfach ist es wohl ein ehrbares Ziel zu verfolgen, wenn geliebte Menschen darunter leiden? Wie lässt sich ein ehrbares Ziel überhaupt messen? Was darf dafür auf der Strecke bleiben? Dürfen einzelne Menschen leiden / sterben, um viele Menschenleben zu retten? All diese und viele weitere Fragen, die mit dem Thema Widerstand / Rebellion / Auflehnung zu tun haben, sind mir während des Lesens über den weg gelaufen und haben mich zum Nachdenken gebracht.

Zugleich ziehe ich viele Verbindungen zum realen Leben. Sehe Kämpfe von Minderheiten, die wir in der Vergangenheit ausgetragen haben und noch heute austragen. Der Kampf für Frauenrechte, für Menschrechte, für Entscheidungsrechte, für Meinungsfreiheit. "Die 13 Gezeichneten" informiert und rüttelt auf darüber nachzudenken wie sehr wir unsere Freiheiten überhaupt noch ernst nehmen.

Verpackt ist dies alles in einen sehr spannenden Roman, der mich an manchen Stellen atemlos zurückgelassen hat. Das Autorenpaar spielt mit den Figuren, lässt sie leiden, schürt Hoffnungen, um sie kurz danach wieder zu zerstören. Es gibt Passagen, da habe ich die beiden echt gehasst, es aber geliebt wie sehr sie mich überraschen konnten.

"Die 13 Gezeichneten" ist der fesselnde Auftakt einer Trilogie, die definitiv einen Platz in meinem Regal bekommen wird.



Buchinfo:

591 Seiten
Paperback
14,00 €


Rezensionen: © 2019, Nanni Eppner



15.08.19

Secret Keepers 01. Zeit der Späher | Trenton Lee Stewart




In Rubens Heimatstadt herrscht der Schatten, ein mysteriöser und boshafter Mann. Seine Späher kontrollieren alles und jeden. Sie haben es auch auf die geheimnisvolle Taschenuhr abgesehen, die Ruben gefunden hat. Wenn man sie auf genau zwölf Uhr stellt und aufzieht, wird ihr Träger unsichtbar. Ruben macht sich das zunutze und verfolgt eine Spur bis zum Leuchtturm Point William. Dort lernt er Penny kennen, mit der er sich auf Schatzsuche in den alten Schmugglertunneln begibt. Doch sie finden keinen Schatz, sondern erfahren etwas viel Unglaublicheres: Es gibt noch eine zweite Uhr, und wer beide Uhren besitzt, kann nichts Geringeres als Unsterblichkeit erlangen. Ruben wird mit einem Schlag klar, wer im Besitz der zweiten Uhr sein muss.
(Text & Cover: © Thienemann Esslinger; Foto: © N. Eppner)
Ruben ist ein ganz normaer 11-jähriger. Etwas zu klein für sein Alter, etwas verhuscht, eher unauffällig. Er lebt gemeinsam mit seiner Mama in einer fiktiven Stadt, die von einem Etwas, das "Der Schatten" genannt wird, beherrscht und kontrolliert wird. Da sein Vater schon vor vielen Jahren verstorben ist, muss seine Mutter allein für den Lebensunterhalt der beiden aufkommen, was ihr eher schlecht gelingt. Als Ruben eine wertvoll aussehende Uhr entdeckt, glaubt er durch den Verkauf derselbigen alle Probleme lösen zu können. Doch seine Bemühungen erwirken eher das Gegenteil. Statt Probleme zu lösen, erschafft er viele neue. Die Uhr erweckt die Aufmerksamkeit vieler gieriger Männer und plötzlich sieht sich Ruben einer ungeahnten Gefahr gegenüber.

"Zeit der Späher" ist der Auftakt einer Dilogie. "Zeit der Jäger" ist der zweite Band und gleichzeitig das Finale, das am selben Tag veröffentlicht und sicherlich die Lösung vieler Geheimnisse offenbaren wird.

Geheimnisse gibt es viele. Schier alles ist geheimnisvoll. Die Uhr, die magische Fähigkeiten besitzt. Der Schatten, von dem wir nicht wissen, wer oder was dahinter steckt und welche Absichten er hegt. Familie Meyer mit dem mürrischen Sohn Jack, der wortgewandten Tochter Penny und der zahlreichen nah- und weitläufigen Verwandtschaft, die sich alle dem Schutz des Geheimnisses ihrer Ur-Ur-Ur-Ahnin verschrieben haben. Das ganze Buch steckt so voller Geheimnisse, dass es von Anfang bis Ende ziemlich spannend ist. Einzig die Auflösung der Geheimnisse kommt hier und das etwas holter die Polter. Ich hätte mir etwas komplexere Wege gewünscht, um die Lösungen darzustellen. 

"Secret Keepers" hat dadurch aber kaum Einbußen was den Unterhaltungswert betrifft. Das Buch hat seinen ganz eigenen Charme, bedingt durch die vielfältigen und zum Teil etwas skurrilen und ausgefallenen Charaktere. Figuren, die allesamt absolut sympathisch sind. Allen voran Ruben und Penny, die so konzipiert sind, dass man ihnen gern auch im realen Leben begegnen würde. Hier bietet der Autor vor allem Identifikationspotential für junge Leser. 

Auch wenn ich nicht der eigentlichen Zielgruppe des Kinderbuchs entspreche, habe ich mich von Rubens Geschichte gut unterhalten gefühlt und sie so gerne gelesen, dass ich auf jeden Fall auch "Zeit der Jäger" lesen werde. Trenton Lee Stewart, der einigen vielleicht schon durch "Die geheime Benedict-Gesellschaft" bekannt ist, schreibt locker, flüssig, mit einem humorvollen Unterton und in der Art und Weise, wie man Erzählungen gut folgen kann. Atmosphärisch, bunt und sympathisch.


Buchinfo:

Thienemann Esslinger (August 2019)
304 Seiten
Hardcover
ÜBERSETZUNG: Nina Scheweling


11.08.19

Tiere und Natur: Vier besondere Bilderbücher für Klein und Groß





Ich liebe die Natur. Was wäre ich ohne sie?
Sie gibt mir Kraft und Geborgenheit. Stärke und Vertrauen.
Diese Liebe möchte ich an meine Kinder weitergeben.
Ich hoffe, dass sie lernen die Natur zu schätzen und zu schützen. 
Daher ist es sehr wichtig, dass sie möglichst viel über die Natur und ihre Bewohner wissen.

Hier stelle ich dir vier besondere Bilderbücher aus dem Verlag arsEdition vor, die mir dabei helfen meine Kinder für die Natur und deren Bewohner zu sensibilisieren und zu begeistern. Die Bilderbücher sprechen aber nicht nur meine Kinder an, sondern erweitern und bereichern auch meinen Wissensschatz.



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"Das große Summen" | Text: Angela Diterlizzi | Illustration: Brendan Wenzel | Übersetzung: Cornelia Boese




Der Artenreichtum der Insekten ist so riesengroß, dass wir noch nicht mal einen Bruchteil dieser kennen. Von kleinen Tieren, die hüpfen, über zauberhafte Flatterwesen, bis hin zu dicken Brummern - die Bandbreite ist unglaublich groß. Es gibt Insekten, die sich tarnen können, Insekten, die ein Lot ausmessen, um ihre Waben zu bauen, und Insekten, die das vielfache ihres eigenen Körpergewichts tragen können. Insekten werden ziemlich unterschätzt und bekommen zu wenig Aufmerksamkeit.

Natürlich passen nicht alle Insekten in ein Bilderbuch, aber Angela Diterlizzi und Brendan Wenzel haben eine beachtliche Menge an Krabblern, Fliegern und Kriechern untergebracht. In Reimform (immer sehr beliebt bei Kindern) heben sie die tollen Eigenschaften der unterschiedlichen Insekten hervor und lassen sie wie selbstverständlich in ein Umfeld einfließen, dass unser eigener Garten sein könnte.

Es gibt keine detaillierten Erklärungen zu den einzelnen Insekten, aber viele großartige Bilder, die viel Gesprächsstoff für Vorleser*Innen und Anschauer*Innen bieten. Ich selbst kenne nun etliche Insekten mehr, als vor dem Genuss dieses Kinderfreundlichen Buches, in dem wir immer wieder etwas neues entdecken und dass meine Tochter nicht leid wird anzuschauen.


arsEdition | Hardcover | ab 3 Jahren | 15,00 €





"Wenn kleine Tiere groß werden" | Text: Anna Taube | Illustration: Hanako Clulow




Kleine Tiere, kleine Menschen. Thematisch bietet dieses herzige Bilderbuch eine gute Identifikationsgrundlage für Kinder. Aber nicht nur das, denn kleine Tiere findet einfach jeder niedlich. Egal, um welches Tier es sich handelt. Kleine Tiere schauen wir alle gerne an.

In kurzen, poetischen Texten nimmt uns Anna Taube in verschiedene Tierfamilien mit und erklärt mit wenigen Worten wie die Familiensituation in eben dieser Familie ist. Durch ihre sehr liebevollen Worte, die immer auch ausdrücken wie nah Eltern und Kinder miteinander sind, entsteht immer wieder eine individuelle Atmosphäre, die so lebendig wirkt, dass wir uns schnell in die entsprechende Tierfamilie hineinversetzen können.

Die den Tieren zugeschriebenen Charaktereigenschaften werden durch die fein gewählten Worte und die kinderfreundlichen, sehr naturnahen Zeichnungen deutlich. Schnell können meine Kinder aufnehmen, dass es z.B. in den Bären- und Fuchsfamilien turbulent zugeht, weil die Kinder neugierig und verspielt sind, dass Wale eng miteinander verbunden und eine Schutzbedürftige Tierart sind, oder dass Erdmännchen in einem großen Familienverbund leben.

Das Cover besticht durch eine besondere Prägung, die auch haptisch zu erfassen ist.


arsEdition | Hardcover | ab 3 Jahren | 15,00 €




"Reise durch die Natur. Ein Guckloch-Buch" | Text: Libby Walden | Illustrationen: Clover Robin | Übersetzung: Marina Singer




"Die Natur verändert sich,drum nimm dir Zeit, sie anzusehn,an jedem Tag, in jedem Jahr, bevor die Wunder schnell vergehn.[...]Schau dich um, denn ringsherum,in Wäldern und auf grüner Flur,entdeckst du sie an jedem Tag - die kleinen Wunder der Natur."

"Reise durch die Natur" ist ein sehr besonderes Buch. Jede Seite beginnt mit einem kleinen Vers, der fast etwas meditatives hat. Der zu Achtsamkeit rät, zum Innehalten, dazu die Natur auf sich wirken zu lassen. In Reimform, nicht kindlich, aber so, dass Kinder es gut aufnehmen können. Fast wie auf einer Traumreise, werden sie in das entsprechende Thema mitgenommen.

Durch kleine Ausstanzungen in den Zeichnungen, die wie Stempeldruck wirken und an Leo Lionni erinnern, lässt sich erahnen, was zu sehen ist, wenn man die Buchseite aufklappt. Dort befindet sich eine eingehendere Erläuterung zu den jeweiligen Themen. Beispiel: Strand. Welche Tiere leben dort? Woraus besteht der Strand? usw. Diese Erläuterungen sind nicht in Reimform, sondern in Fließtext geschrieben und sehr informativ und Kindgerecht.



arsEdition | Hardcover | ab 3 Jahren | 16,00 €



"Das Wunder der Bäume" | Autorin: Nicola Davies | Illustratorin: Lorna Scobie | Übersetzung: Andreas Jäger



Bäume sind etwas Menschenverbindendes. Denn Bäume gibt es auf der ganzen Welt. Doch der Klimawandel macht den Bäumen mehr und mehr zu schaffen. Unsere Wälder sind durstig, vertrocknen, sterben. Umso wichtiger, dass unsere Kinder Wälder verstehen und lieben lernen. 

"Das Wunder der Bäume" ist sehr informativ. Es umfasst gefühlt alles, was man über Bäume wissen sollte. Ich habe dank dieses Buches so viel Neues gelernt, obwohl es für Kinder ab 7 Jahre gedacht ist, und nicht für Erwachsene. 

Beginnend bei was Bäume überhaupt sind, wie sie sich zusammensetzen und wie sie arbeiten, über verschiedene Sorten, verschiedene Lebensräume und Länder bis hin zu Tieren, die auf, unter, in und um Bäumen leben, wird jede Frage zum Thema Bäume beantwortet. Damit es nicht zu trocken wird, sind alle Themen mit bunten und gut verständlichen Zeichnungen untermalt.

Das letzte Kapitel des Buches gefällt mir besonders gut. Es erklärt wie wichtig Bäume für uns sind, dass wir aber gerade dabei sind sie zu vernichten und fordert zum Handeln auf. Nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit Tipps, die gut umsetzbar sind. Dieses Buch ist wirklich ein Must Have für Alle, die sich für Naturschutz einsetzen und ihre Kinder aktiv daran beteiligen wollen, indem sie ihnen die entsprechende Philosophie vermitteln.



arsEdition | Hardcover | ab 7 Jahren | 20,00 €

09.08.19

[Interview] Tania Witte


Liebe Tania,
vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst meine Fragen zu beantworten.


Ganz gerne, liebe Nanni! Verzeih, dass es so lange gedauert hat. Ich hab mir echt Ruhe genommen, war sehr nötig. Jetzt zurück am Schreibtisch, und das Erste, was ich tu, ist deine Fragen beantworten.


Foto: © 2019, Carina Nitsche


1. Dein Buch “Die Stille zwischen den Sekunden“ beginnt mit einem Terroranschlag. Wie bist du darauf gekommen dieses schwierige Thema, das schnell zu einer Opfer-Täter-Rollenverteilung führt, zum Aufhänger zu machen?


Die Angst vor Terroranschlägen ist mittlerweile auch in unserer westlichen Gesellschaft angekommen. Sie wird geschürt, mit ihr wird Politik gemacht und dadurch ist sie – zumindest theoretisch – allgegenwärtig. Die meisten Menschen in Deutschland kennen Terror glücklicherweise ausschließlich aus den Medien, das macht es abstrakt. Mit „Die Stille zwischen den Sekunden“ habe ich versucht, dem Was-wäre-Wenn nahe zu kommen. Und damit unseren Ängsten, unseren Vornahmen und Vorurteilen, und den Themen, die dahinterstehen: Verlust, Tod, Trauer, Trauma. Das Ganze dann doppelt zu spinnen, den Zusammenhang zu Terror und Krieg zu knüpfen und die Frage nach Gut, Böse, Realität und Wahrheit zu verdrehen – das war und ist mein Anliegen in diesem Roman.


2. „Die Stille zwischen den Sekunden“ ist ein Buch, das sehr viele verschiedene Themen miteinander verknüpft. Wie wichtig war es dir ein Gesamtpaket zu schaffen?


Ich mag keine Bücher, die erhobene Zeigefinger haben. Viel lieber lese ich Geschichten, die mir selbst Denkräume eröffnen, die Metaebenen auf Spannung transportieren. Ein Terrorschlag ist eine heftige Ausgangsposition. Um darauf fußend eine Geschichte zu erzählen, die sich in einer Abwärtsspirale immer weiter verengt, bis sie am Ende implodiert, braucht einen starken Gegenpol. Deshalb kam zu der Freundschaftsgeschichte, die die Spannung trägt, auch noch eine Liebesgeschichte. Wenns gut läuft, steckt am Ende viel drin, ohne überladen zu wirken. Die Rezensionen bisher lassen darauf schließen, dass das funktioniert. Nicht bei allen natürlich, aber das ist bei so einem Buch ohnehin unmöglich. 



Foto: © 2019, Nanni Eppner


3. Warum Traumabewältigung? Was fasziniert dich daran?


Mich faszinieren die Momente, in denen Leben brechen. Oder besser: Die Idee dessen, was Leben ist. Der Blick in die eigene Endlichkeit. In dem man begreift, dass alles, was wir wichtig und real finden, innerhalb weniger Sekunden zusammenstürzen kann. Das macht Menschen facettenreicher, echter, vollständiger, finde ich. Es ist einer Person anzuspüren, ob sie Abgründe kennt. Ich schätze, ich selbst bin einfach nicht der Typ für Kitsch und Happy Ends.


4. Hat deine Arbeit an dem Buch deinen eigenen Blick auf bestimmte Themen verändert?


Absolut. Besonders die Recherchen über die Kurdische Gemeinschaft waren extrem spannend. Ich hab mich da so gut reingewühlt, wie es in der Kürze der Zeit für eine Außenstehende möglich ist. Es war spannend, ein paar Türen zu öffnen und dahinter immer noch mehr Informationen zu finden, noch mehr Komplexität, noch mehr mit der eigenen Unwissenheit konfrontiert zu werden. Und generell damit, wie wenig wir doch wissen und wie schnell wir alle urteilen ...


5. Du hast für deinen Roman ein Arbeitsstipendium bekommen. Wie muss ich mir das vorstellen? Sitzt du allein in deinem stillen Kämmerlein und schreibst den ganzen Tag?


Schön wär‘s, Nanni, schön wär‘s. Ein Arbeitsstipendium ist eine Geldsumme, das ist toll. Im Gegensatz zu einem Aufenthaltsstipendium kann man zuhause bleiben und von dort aus arbeiten, das ist wirklich eine Erleichterung. Aber als freie Autorin besteht mein Leben vielleicht gerade mal zu 20 Prozent aus Schreiben. Der Rest sind Lesereisen und deren Orga, die Akquise neuer Lesungsorte, Recherchen, Gespräche, Workshopvorbereitungen, Reiseplanung, Reisebuchungen, Kontaktpflege, Buchhaltung, Verhandlungen, Interviews, Stipendiumsanfragen, Preisbewerbungen etc. pp. Wenn ich dann einen Preis oder ein Stipendium bekomme, ist das ein Geschenk. Aber das Leben steht nicht auf Pause deswegen, umsoweniger, weil alles schon Monate im Voraus geplant ist.

Ich habe also vergleichsweise wenig stilles Kämmerlein. Und würde mich so über das alte Modell des Mäzenentums freuen oder das Grundeinkommen, dann wäre das Leben ein gutes Stück leichter und ich könnte mich mehr auf das konzentrieren, was ich am allermeisten liebe: Schreiben.


6. Ist es nach so einem Projekt schwierig wieder in den Alltag zurückzufinden oder planst du möglicherweise sogar schon den nächsten Roman?


Ich habe parallel zur „Stille“ bereits mit Anje Wagner an unserem neuen „Ella Blix“-Buch geschrieben. Gleich nachdem ich die „Stille“ abgegeben hatte, ging es also mit Ella weiter. Jetzt sind wir damit in der Lektoratsphase und wenn dieser neue Roman erschienen ist, werde ich mit dem nächsten Tania-Witte-Buch beginnen. Ich würde gerne mehr Zeit zum Atmen haben, aber mein Leben rast.


7. Welches Buch sollten meine Blogleserinnen und -leser unbedingt lesen?


Ach du lieber Himmel, Nanni! Ich hab keine Ahnung, wo ich anfangen soll. Generell würde ich allen raten, ein bisschen wegzulesen vom US-amerikanischen Massenmarkt. Es gibt so viele wunderbare Autor*innen auf dem deutschen Markt, und so wahnsinnig viele aus anderen Kulturkreisen, anderen Ländern, die entdeckt werden wollen. Ich selbst hab das Gefühl, Nord-Amerika ein bisschen ausgelesen zu haben, in mir wächst gerade die Lust auf neue literarische Landschaften. Und wenn es nach mir geht, darf es gerne auch Tiefgang haben, ohne allerdings geschwurbelt zu sein. Aber letzten Endes geht es doch vor allem darum, überhaupt zu lesen.

07.08.19

Die Pferde von Eldenau 01: Mähnen im Wind | Theresa Czerny





Reiten – das ist für Frida Vertrauen, Freude und Freiheit. Deshalb hält sie Jannis für einen eingebildeten Turnierreiter, bemerkt allerdings auch, wie sehr er seine Stute Dari liebt. Jannis sieht in Frida vor allem das unbedarfte Ponymädchen, das aber irgendwie einen echten Draht zu Pferden hat. Vielleicht könnte Frida ihm sogar bei Dari helfen, die zwar ein talentiertes Springpferd ist, aber immer wieder nervös wird. Das muss an Jannis' Ehrgeiz liegen, glaubt Frida, und will Dari und ihn mit einem Gelassenheitstraining unterstützen. Zunächst scheint das auch zu funktionieren, doch dann wird Dari immer unberechenbarer. Jannis ist verunsichert. Sind Fridas Methoden etwa schuld? Doch Frida ist davon überzeugt, dass das Ganze nicht mit rechten Dingen zugeht. Können sie Dari helfen?
(Text & Cover: © Magellan; Fotos: © N. Eppner)


Einmal Pferdemädchen, immer Pferdemädchen. Und deshalb kann ich mich auch jetzt noch für Pferdbücher begeistern, die eher auf ein jugendliches Publikum ausgerichtet sind. Hauptsache sie sind authentisch und werden von tollen Charakteren getragen.

Mit "Mähnen im Wind" hatte ich anfangs so meine Schwierigkeiten. Genauer gesagt mit Frida und ihrem schwarz-weiß Denken was Reiten als Sport betrifft. Ihre extreme Abneigung gegen den Turniersport hat mich sehr geärgert, denn wenn etwas im Umgang mit Pferden wichtig ist, dann ist es Toleranz und die Fähigkeit individuell zu arbeiten und nicht von vorneherein alles über einen Kamm zu scheren. Also suchte ich das Gespräch mit der Autorin, die mir erklärte, dass Fridas Art zu denken ein Stilmittel ist, um ihren Charakter zu verdeutlichen. Ich dachte kurz an meine eigene Zeit als 13-, 14-, 15-jährige zurück und ja, wenn man in diesem Alter liebt oder hasst, dann mit voller Hingabe und ohne Kompromisse. 

Frida ist stur. Dickköpfig, Eigensinnig. Weiß, was sie will. Aber auch bereit Fehler einzugestehen. Eine Figur, wie ich sie mag. Ihre Abneigung gegen den Turniersport und ihre Art zu agieren, mit Pferden und Mitmenschen zu kommunizieren, wird von Seite zu Seite stimmiger. Hätte die Autorin darauf bestanden, dass sich Fridas Gedanken bis zum Schluss um ihren Hass gegen Turniersport drehen, hätte ich das Buch nicht gemocht. Denn dann wäre die Figur Frida einfach nicht rund.

Jannis ist der perfekte Gegenpart zu Frida. Gemeinsam bilden sie ein Energiegeladenes Protagonistenpaar, dass mal harmoniert und mal vor Spannung explodiert. Gemeinsam erleben sie wie sich Jannis' Stute Dari mehr und mehr verändert. Wie sie ängstlicher und scheuer wird und scheinbar das Vertrauen in Menschen verliert, obwohl Jannis sich schon einiges von Fridas Pferdeflüstererfähigkeiten abgeschaut hat. 

Neben seinem Leben im Pferdestall hat Jannis aber auch mit einigen persönlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Damit bildet Theresa Czerny gute Nebenstränge, die "Mähnen im Wind" zu einem spannenden und unterhaltsamen Jugendpferdebuch komplettieren. Frida und Jannis sind mir ans Herz gewachsen und ich werde die Geschichten der beiden auf jeden Fall weiterverfolgen.


Buchinfo:

Magellan (2018)
304 Seiten
Hardcover
Ab 12 Jahren
15,00 €

Reiheninfo:

1. Mähnen im Wind
2. Galopp durch die Brandung
3. Donnernde Hufe (ET: 13.09.2019)


Rezensionen: © 2019, Nanni Eppner

02.08.19

[Ratgeber] Bauch über Kopf | Stefanie Wilhelm




Stefanie Wilhelm ist im wahrsten Sinne »happy«: Die Ernährungsberaterin bloggt mit Hingabe auf ihrem Blog »healthyhappysteffi«. Doch wie so oft musste davor erst einmal alles zusammenbrechen: Nach einer Erschöpfungsdepression, die mit einer Reihe von Nahrungsmittelunverträglichkeiten einherging, begann sie ihr Leben komplett zu hinterfragen und neu zu gestalten. Sie kündigte ihren Job, ging auf Reisen und begann vor allen Dingen das erste Mal auf ihren Körper zu hören. In diesem Buch beschreibt Steffi ihren Weg zu einer Ernährung ohne Unverträglichkeiten, zu einem gesunden Darm und damit auch zu einem glücklicheren Lebensgefühl. Undogmatisch und authentisch zeigt sie, wie man auf gesunde Weise eine neue Liebe zum Essen und Genuss ohne Reue finden kann.
(Text & Cover: © Randomhouse; Foto: © N. Eppner)


Zwischen dem großen Wust an Ratgebern über Ernährung einen zu finden, der zur eigenen Situation oder zum eigenen Wohlbefinden passt, ist gar nicht so einfach. Glücklicherweise bin ich auf Instagram über Healthyhappysteffi, also Stefanie Wilhelm gestoßen, die mit "Bauch über Kopf" genau das trifft, was ich gesucht habe. Einen übersichtlichen Ratgeber mit den wichtigsten Informationen zu Ernährung und Rezepten, die einfach nachzukochen/-backen sind.

Stefanie Wilhelm hat am eigenen Leib erfahren, was es heißt, wenn das Immunsystem zusammenbricht. Wenn der Körper psychisch und physisch zusammenbricht. Sie stützt ihre Angaben also nicht auf Vermutungen, sondern auf eigenen Erfahrungen. Ohne erhobenen Zeigefinger, ohne Verbote, sondern einfach durch Tipps, die ihr selbst geholfen haben sich wieder besser zu fühlen.




Ihre Schreibe ist leicht und flüssig, so dass sich das Buch eher wie ein Gespräch mit einer Freundin, als ein Ratgeber anfühlt. "Bauch über Kopf" lässt sich einfach verstehen, einfach lesen und so macht es Freude etwas über Ernährung und den Prozess der Verdauung dazu zu lernen. Die Kapitel sind kurz, knackig und werden optisch durch kleine Skizzen hervorgehoben. Modern, klug, leicht.

Das Buch wird auch als Ratgeber für Nahrungsmittelunverträglichkeiten beworben. Dieses Thema wird allerdings in 5 Seiten abgehandelt. Ich vertrage keine Milch, was Recht einfach zu umgehen ist. Sollte jemand an Histaminintoleranz oder ähnlichem leiden, fährt man vermutlich besser damit sich gezielt an eine Ernährungsberatung zu wenden bzw. mit der entsprechenden Fachärztin/-arzt einen Ernährungsplan zu besprechen.

Im Anhang finden sich ein paar Rezepte der Gerichte, die Stefanie im Alltag begleiten. Zwei davon sind zum festen Bestandteil meiner eigenen Küche geworden. Vegetarische (bzw. vegane) Linsenbolognese und Müsliriegel, die auch von den Kindern sehr gemocht werden. Beide Gerichte sind ganz einfach nachzukochen.


Buchinfo:

Kailash (2019)
216 Seiten
Taschenbuch
10,00 €