30.04.20

[Monatsrückblick] April 2020





Was für ein krasser Monat. 
Ich habe weder meinen Vater, noch meine Großeltern gesehen.
Mit einer meiner besten Freundinnen bin ich seit 25 Jahren befreundet. Wir haben zum ersten Mal nicht gemeinsam ihren Geburtstag gefeiert.
Die Räubertochter hat seit sieben Wochen nicht mehr mit Gleichaltrigen gespielt.
Wir schlafen nachts schlecht und geraten tagsüber in Streit.
Mein Mann hatte noch nie so viel Zeit.
Nach über 5 Jahren wird nun der Rohbau des unteren Wohnzimmers fertig.
Mein Pferd Pepper ist wieder krank. Wir verbringen viel Zeit im Stall.
Ich fühle mich häufig verunsichert und in der Schwebe.
Bücher spenden mir Trost. Ich verstecke mich oft in Geschichten.




Wie war dein März? Wie empfindest du die aktuelle Zeit? Fühlt es sich für dich eher nach Verlust oder Gewinn an oder empfindest du auch eher ein Gefühl der Ruhelosigkeit?

April:

21) "Hin und nicht weg" | Lisa Keil | S. Fischerverlage
22) "Die Optimisten" | Rebecca Makkai | Eisele
23) "Weltenwanderer 03: Die Beschwörung des Lichts" | V. E. Schwab | Fischer Tor
24) "Immer kommt mir das Leben dazwischen" | Kathrin Schrocke | Mixtvision
25) "Hansen Saga 01: Die ferne Hoffnung" | Ellin Carsta | Tinte & Feder
26) "Die linke Hand der Dunkelheit" | Ursula K. LeGuin | Heyne
27) "Vom Ende eines langen Sommers" | Beate Teresa Hanika | btb
28) "Ein Mädchen namens Willow" | Sabine Bohlmann | Planet




Auch im April habe ich richtig tolle Bücher gelesen (und noch keins davon rezensiert, weil ich noch die März Rezensionen schreibe). Angefangen bei Lisa Keils "Hin und nicht weg", der Geschichte des sympathischen Tierarztes Rob, die ich kaum aus der Hand legen konnte, über den Auftakt der Hansen-Saga, der mir trotz eher wenig Überraschungen, gut gefiel, bis hin zu dem Kinderbuch "Ein Mädchen namens Willow", einem sehr netten Kinderbuch über eine Außenseiterin, die Hexengene in sich trägt (mein Bibi Blocksberg-Herz hüpft).





"Die Optimisten" ist recht kurzfristig bei mir eingezogen. Eigentlich wollte ich an einer Instagram Leserunde zu dem Buch teilnehmen, aber es gab leider so viele Anmeldungen, das meine leider nicht mehr angenommen werden konnte. Unter dem #wirsindoptimistisch teilten viele Leserinnen und Leser ihre Leseeindrücke. Es gibt so viele begeisterte Stimmen zum Buch, denen ich mich nur anschließen kann. Rebecca Makkai holt die 80er Jahre zurück. Entführt in die Stimmung einer Zeit, die der aktuellen nicht ganz unähnlich war. Im Fokus steht eine Clique Homosexueller Männer, plus die Schwester einer der Jungs, deren Freundeskreis nach und nach an AIDS verstirbt. Auf einer zweiten Ebene befinden wir uns im Jahr 2015 und verfolgen eine schwierige Mutter-Tochter-Situation, deren Unruhen auf Verlust, Angst und Missverständnissen beruhen. Beide Erzählstränge sind sehr spannend, aber auch emotional. Der angekündigte Optimismus ist bei mir nicht ganz angekommen, aber ansonsten konnte mich Makkai absolut abholen. 





Da ich quer durch verschiedene Genres lese, fühle ich mich absolut berechtigt mehrere Monatshighlights auszuwählen. Im Genre Phantastik ist das im März der Abschluss der Weltenwanderer Trilogie, der alles vorangegangene toppt und mich so sehr fesseln konnte, dass ich durch über 700 eng bedruckte Seiten nur so hindurch geflogen bin. V. E. Schwab schreibt großartig und es ist wirklich schade, dass die in den USA hochgelobte Weltenwanderer Trilogie in Deutschland so wenig Aufmerksamkeit bekommt. Das muss sich unbedingt ändern!




Mein zweites Highlight ist ein belletristischer Roman aus der Feder einer meiner Lieblingsautorinnen. "Vom Ende eines langen Sommers" von Beate Teresa Hanika. Gefühlvoll und eindringlich, zart und gleichzeitig sehr roh, nimmt sie sich eines Anschlags in Italien während des Nationalsozialimus' an. Begleitet wird dieses dramatische historische Ereignis von einem sehr bewegenden persönlichen Schicksal. Traumata, die ihre Kreise über mehrere Generationen hinwegziehen.

Welches Buch (Bücher) konnte dich im März besonders begeistern?


Im April...



...war ich ziemlich oft früh draußen...

...sind die Kinder enger zusammengerückt...

...haben wir Eier gefärbt und das letzte Päckchen Trockenhefe verbacken...

...täglich die Buschwindröschen im angrenzenden Wald betrachtet...

...und endlich einen Spielturm aufgebaut (weitere Fotos folgen)...

...mit Lachsburger angegrillt...

...habe ich das eBike fahren für mich entdeckt...

...mich bunt angemalt...

...und ziemlich oft vegan gekocht (Gemüsecurry mit Dinkel und Linsenbällchen)

...haben wir ein eigenes Osterfeuer gemacht...

...und im Wald Eier gesucht...

...viel Zeit bei den Pferden verbracht...


...sogar eins gebastelt...
...das erste Radieschen geerntet...

...und viele schöne Sonnenuntergänge gesehen.


Komm gut in den Mai. Bleib gesund und halte durch.

28.04.20

Mr. Griswolds Bücherjagd 02. Der unlösbare Code | Jennifer Chambliss Bertman





Irgendetwas stimmt mit Emilys und James’ Lehrer Mr Quisling nicht. Zuerst die codierte Notiz, die er bei einer Veranstaltung verliert. Dann die verschlüsselten Nachrichten in versteckten Mark-Twain-Büchern. Die Kinder entdecken, dass Mr Quisling ein legendäres historisches Puzzle jagt: den unlösbaren Code, der während des Goldrauschs von chinesischen Einwanderern in San Francisco versteckt wurde. Hängen die mysteriösen Brandstiftungen der letzten Wochen etwa mit den versteckten Büchern und dem unlösbaren Code zusammen?
Fortsetzung der kniffligen und mitreißenden New York Times-Bestsellertrilogie!
(Text & Cover: ©Mixtvision; Foto: ©N. Eppner)


Schon der erste Band der Reihe "Mr. Griswolds Bücherjagd", eine Trilogie aus dem Kinderbuchprogramm des wunderbaren Mixtvision Verlags, konnte mein Booknerdherz höher schlagen lassen. Auch Teil zwei "Der unsichtbare Code" hat meine Liebe für Bücher über Bücher genährt.

"Der unsichtbare Code" ist, wie Band 1 auch, ein richtig spannendes Abenteuer. Wieder wollen Emily und James eins der von Mr. Griswold inszenierten Rätsel lösen. Dabei gerät ihnen ein Zettel mit einer geheimnisvollen Codierung in die Finger. Es stellt sich heraus, dass es sich um den sogenannten unlösbaren Code handelt. Ein Rätsel, dass schon viele Jahrzehnte auf dem Buckel hat und außerdem mit einem Fluch verknüpft ist. Wird es Emily und James gelingen dieses Meisterrätsel zu lösen oder wird der Code zur Gefahr für die beiden Jugendlichen? 

Und was ist überhaupt mit Mr. Griswold los? Niemand bekommt ihn zu Gesicht, er scheint seine Lust am Rätseln verloren zu haben. Ob es auch dafür eine Lösung geben wird?

Jennifer Chambliss Bertman liefert ein Abenteuer, das richtig spannend geschrieben ist und zum Miträtseln animiert. Ich muss gestehen, dass mir das Vermögen logisch zu Denken ein bisschen fehlt und Zahlenchiffres so gar nicht meins sind und trotzdem fiebere ich mit Emily und James mit und mache mir natürlich meine eigenen Gedanken, was des Rätsels Lösung sein könnte. Bertman hält immer wieder Überraschungen bereit und nur ganz selten ahne ich den nächsten Schritt der Protagonisten zur Lösung des Rätsels voraus.

Bertman schreibt spannend, verarbeitet aber zugleich auch Probleme aus dem sozialen Umfeld der Protagonisten. Freundschaft und Familie spielen in ihren Geschichten eine zentrale Rolle und bieten so Identifikationspotential für jugendliche Leser. Noch steht Band drei ungelesen im Regal, aber einige Sätze aus "Der unlösbare Code" deuten darauf hin, dass er mich wieder ebenso gut unterhalten wird, wie seine Vorgänger.



Bücherinfo:

368 Seiten
Hardcover 14,90 €
ab 10 Jahren
ÜBERSETZUNG: Elisa Martins


Reiheninfo:

1. Mr. Grwiswolds Bücherjagd. Die Jagd beginnt
2. Mr. Griswolds Bücherjagd. Der unlösbare Code
3. Mr. Griwolds Bücherjagd. Die Gefängnisinsel


Rezensionen: © 2020, Nanni Eppner

26.04.20

Gut Greifenau 03. Morgenröte | Hanna Caspian


ACHTUNG!! Band 3 der Gut Greifenau Reihe. Die Rezension enthält Spoiler zu vorangegangenen Bänden.




1918 ist der Frieden mit Russland in greifbarer Nähe.
Nach einem Mordanschlag ist es fraglich, ob Konstantin das noch erleben wird. Immerhin pflegte die Dorflehrerin Rebecca ihn aufopferungsvoll. Graf Adolphis indes ist verzweifelt. Durch den Kauf von Kriegsanleihen ist das Gut hoch verschuldet.
Gräfin Feodora drängt Katharina zur Hochzeit mit dem Scheusal Ludwig, einem Neffen des Kaisers. Diese Verbindung wird zur Überlebensfrage für Gut Greifenau. Doch Katharinas Herz schlägt für den Industriellensohn Julius. Kurz vor der Hochzeit flieht sie. In Berlin gerät sie mitten in die Wirren der Novemberrevolution.
Der Krieg ist zu Ende und der Kaiser selbst geflohen.
(Text & Cover: © Droemer Knaur; Foto: © N. Eppner)


Was für eine Geschichte!! Mit jedem Band steigert sich Autorin Hanna Caspian, so dass ich mit Recht nach jedem neuen Buch aus der "Gut Greifenau"-Reihe sagen kann: diese Autorin versteht ihr Handwerk. Es gelingt ihr die Reihe so aufzubauen, dass sie mehr und mehr begeistert, dass alle Fäden zueinanderlaufen und ich als Leserin den Charakteren treu bleiben möchte, obwohl sie selbst einen steten Wandel vollziehen. Ich verstehe, dass die zunächst als Trilogie angesetzte Reihe so sehr begeistert, dass weitere Bände geschrieben und veröffentlicht wurden und ich freue mich auf jede weitere Minute, die ich auf Gut Greifenau verbringen kann.

Wieder wird die Familie derer von Greifenau Spielball historischer Ereignisse. In den Köpfen der Menschen schwelt noch der Krieg, obwohl der Frieden in scheinbar greifbare Nähe rückt. Das Ende der Kämpfe spaltet die Menschheit, ja sogar innerhalb der Familie kommt es zu unterschiedlichen Ansichten. Feodoras verwandschaftliche Band zu Russland führen zu Streitigkeiten, die Vernunft scheint der Gräfin mit dem Abdanken des Adels ebenfalls abhanden gekommen zu sein. Sie ist harscher, roher und besitzergreifender, als je zuvor. Dies bekommt vor allem Nesthäkchen Katharina zu spüren, die den Gewalttätigen Neffen des Kaisers heiraten soll, um Feodoras Platz in der Gesellschaft zu sichern und der Familie zumindest einen letzten Rest Würde zu bewahren.

Nicht nur der Adelstitel schwindet, auch die finanziellen Rücklagen der Familie sind mehr und mehr aufgebraucht. Durch die vom Krieg herbeigeführte Notlage, aber auch durch Adolphis Misswirtschaft und Neigung zu Spiel und Prostituierten. Letztere kosten ihn nicht nur viel Geld, sondern auch seine Gesundheit. Die letzte Hoffnung des Gutes ist Konstantin, der jedoch Opfer eines Mordanschlags wird.

Kann die unbeugsame Kataharina, die mehr Toleranz für neue Denkansätze an den Tag legt, als es ihrer Mutter recht ist, die Familie vor dem Untergang bewahren? 

Katharina ist für mich eine DER Figuren dieser Romanreihe. Sie verkörpert alles, was ich mir auch heute noch von (jungen) Frauen wünsche. Sie schwimmt nicht mit dem Strom, ist offen für Neues, denkt kritischund reibt sich auf, um gegen Unrecht anzugehen. Erschien sie mir in Band 1 noch als dummes, junges Ding, bin ich begeistert von ihrer Entwicklung und sehe sie als moderne Figur im historischen Kontext. 

Überhaupt sind es die weiblichen Figuren, die mich begeistern. Caspian verdeutlicht an ihnen wie hart wir Frauen uns Rechte erkämpfen mussten, wieviel Arbeit in diesem Bereich auch nach wie vor noch geleistet werden muss. Obwohl es sich um eine fiktive Geschichte handelt, setzt Caspian bei mir viel in Bewegung. Ich lerne, ich erkenne, ich überdenke. Wissen und verstehen ist Macht, ist Hilfsmittel für Veränderung. Dieses Wissen darf sehr gerne aus einem wirklich gut geschriebenen, unterhaltsamen und für eine breite Masse verständlichen Roman kommen. Weiter so, liebe Frau Caspian, es gibt auch in anderen Jahren unserer Geschichte noch viel (Auf-)Klärungsbedarf.


Buchinfo:

576 Seiten
Taschenbuch 9,99 €


Reiheninfo:
1. Gut Greifenau. Abendglanz
2. Gut Greifenau. Nachtfeuer
3. Gut Greifenau. Morgenröte
4. Gut Greifenau. Goldsturm
5. Gut Greifenau. Silberstreif (ET: Dezember 2020)


Rezensionen: © 2020, Nanni Eppner

23.04.20

Die 13 Gezeichneten 02. Die verkehrte Stadt | Judith und Christian Vogt




Die Rebellion war erfolgreich. Die Bürger von Sygna, Stadt der magischen Zeichen, haben die Besatzer aus Aquintien fortgejagt. Doch nun befindet sich der kleine Stadtstaat in einem offenen Krieg gegen das aquinzische Kaiserreich. Die Schmiedin Elisabeda Eisenhammer, Rebellin erster Stunde, schart die Kampfwilligen um sich und zieht mit einem winzigen Kontingent gegen die Große Armee des Kaisers. Verzweifelt sucht sie nach Verbündeten, denn sie weiß: Alleine wird Sygna untergehen.
(Text & Cover: © Bastei Lübbe; Foto: © N. Eppner)

Nachdem mich der Einstieg in die Trilogie "Die 13 Gezeichneten" so sehr begeistern konnte, war klar, dass ich auch die Folgebände lesen möchte. "Die verkehrte Stadt" ist Teil 2 und eine nahezu perfekte Brücke von einem Auftakt zu einem Finale. Der Roman steckt voller Spannung, Gefahren, Geheimnissen und Gelegenheiten die Protagonistinnen und Protagonisten näher kennen und mögen zu lernen.

Schon nach wenigen Seiten war ich wieder mitten drin in der Geschichte der Rebellion um die Stadt Sygna. Vor allem die Figuren haben sich sehr in mein Gedächtnis eingeprägt. Bereits gewobene Sympathien waren sofort wieder präsent und der Hass auf eine bestimmte Person, die so böse ist, und mit Vorliebe meine Hoffnungen zerstört, ist nach wenigen Minuten wieder aufgeflammt. Im Verlauf der Geschichte wird der Bezug zu den Charakteren durch Handlungen und Hintergrundwissen vertieft. Am Ende stelle ich fest, dass ich vielleicht manch eine*n falsch eingeschätzt habe...

Mir sticht wieder einmal ins Auge, dass Judith und Christian wert darauf legen, starke Frauen zu schreiben. Nicht die üblichen Weibchen, die sich irgendwann trauen ihre Meinung zu sagen, sondern wirklich starke Frauen, die sich politisch informieren, engagieren und ihren Weg gehen, obwohl ihnen viele Steine vor die Füße geworfen werden. Hier werden Vorbilder geschaffen, die zu eigenständigem Denken und Hinterfragen aufrufen.

Insgesamt empfinde ich "Die verkehrte Stadt" als Spiegel einer Politik, wie sie uns auch in der realen Welt begegnet. Es gibt verschiedene Gruppierungen und Gewerkschaften, die fadenscheinige Versprechen ausrufen, die versuchen Menschen zu ködern, um sie zu ihren eigenen Zwecken zu instrumentalisieren. Einige von ihnen lösen das Gefühl aus, etwas Gutes zu wollen, letztendlich bleibt aber doch irgendwer auf der Strecke und es stellt sich wieder einmal die Frage in welcher Form wir etwas ändern können, ohne über Leichen gehen zu müssen (siehe auch meine Rezi zu "Die 13 Gezeichneten").

Obwohl politische Schachzüge mehr Raum und mehr Raum einnehmen, ist "Die verkehrte Stadt" sehr kurzweilig. Komplex und mit vielen Denkanstößen, trotzdem flüssig zu lesen. Das liegt vermutlich an all den überraschenden Handlungen, an Wendungen, die mir die Fingernägel umkrempeln, an den Bildern, die Judith und Christian Vogt zeichnen und die ihren Roman so lebendig werden lassen, dass ich an der Seite von Elisabeda Eisenhammer um Gerechtigkeit kämpfen möchte. Komme was wolle.

In "Die 13 Gezeichneten. Die verkehrte Stadt" werden viele Fragen aufgeworfen. Ich hoffe sehr, dass diese alle im Finale "Der krumme Mann" beantwortet werden. Und genau deshalb bin ich mir sicher, dass mich auch Band drei wieder von der ersten bis zur letzten Seite fesseln wird.


Buchinfo:

607 Seiten
ab 16 Jahre
Paperback 14,00 €

Reiheninfo:

2. Die 13 Gezeichneten. Die verkehrte Stadt
3. Die 13 Gezeichneten. Der krumme Mann


Rezensionen: © 2020, Nanni Eppner

15.04.20

Hurenglück. Die Lilien von London | Tabea Koenig





London, 1908: Auf der Schwelle in eine neue Epoche. Zur Londoner Saison reisen Emily, Liam und ihre Kinder in die Hauptstadt Großbritanniens. Was als gesellschaftliches Spektakel geplant war, endet im Fiasko. Während die älteste Tochter Margery in die Gesellschaft eingeführt und dem König vorgestellt wird, gewinnen militante Suffragetten den Sprössling Ines für ihre Zwecke. Und Victor, der einzige Sohn? Als er eine verbotene Liebschaft eingeht, gefährdet er dadurch die gesamte Familie.
(Text & Cover: © Piper; Foto: © N. Eppner)


"Hurenglück. Die Lilien von London" ist der dritte Band einer im viktorianischen London angesiedelten historischen Reihe über starke und mutige Frauen in einer Zeit, in der die soziale Wahrnehmung von Frauen sehr reduziert wird. Ein Thema, das Tabea König durch ihre Charaktere immer wieder deutlich herausarbeitet.

Im Mittelpunkt des Romans stehen Margery, Ines und Victor, drei taffe junge Menschen, die mit den Schwierigkeiten ihrer Zeit zu kämpfen haben. Die drei sind Nachkommen von Emily und Liam, den Protagonisten des ersten Hurenromans von Tabea König. Mit Christine Gillard treffen wir eine weitere bereits bekannte Figur. Trotzdem ist es problemlos möglich "Hurenglück" unabhängig von den anderen Bänden zu lesen. Mehr Vergnügen bereitet das Lesen, wenn die Bücher in der entsprechenden chronologischen Reihenfolge gelesen werden. 

Tabea König hat wieder einmal eine fesselnde Geschichte geschrieben, die mit historischen Fakten verwoben, an Authentizität und damit auch an Spannung gewinnt. Es sind aber vor allem die Figuren, die mich mit Sympathien an das Buch binden. Gefühlt ist die Geschichte der drei Sprösslinge eine Art Coming-of-Age Story, aber eben der Epoche angepasst. Auflehnung bedeutet damals wie heute andere Wege einzuschlagen, als die Eltern. In 1908 schloss man sich eben den Suffragetten an. Aber Emily und Liam wären nicht Emily und Liam, wenn sie ihre Kinder nicht zu Menschen mit Werten erzogen hätten. Wie die Vergangenheit schon zeigte, sind die beiden ein Paar, das für die eigenen Bedürfnisse kämpfen kann und für Freunde und Familie durchs Feuer geht. 

"Hurenglück" ist ein runder letzter Band der Hurenreihe, deren Titel ich sehr misslungen finde und die sicher den oder die ein oder andere Leser:in davon abhalten, zum Buch zu greifen. So ist zumindest die Erfahrung in meinem Umfeld, was ich sehr schade finde, denn jeder einzelne Roman ist spannend und eine Empfehlung für alle Leserinnen und Leser von historischen Liebesgeschichten.


Buchinfo:

Piper (2019)
428 Seiten
Broschur 16,99 €


Rezensionen: © 2020, Nanni Eppner 

08.04.20

Willa of the Wood - Das Geheimnis des Waldes | Robert Beatty





Willa ist das letzte Kind des Waldes
In den Tiefen der Wälder lebt ein geheimnisvolles Volk, die Faeran. Einst konnten sie sich mit den mächtigen Tieren und Bäumen verständigen und Pflanzen wachsen lassen. Doch nun ist die junge Willa die Letzte, die diese Waldmagie beherrscht. Die Faeran sind in großer Gefahr, denn die Menschen rücken immer näher. Willa muss sich entscheiden: Welchen Preis ist sie bereit zu zahlen, um das Überleben ihres Clans zu sichern?
(Text & Cover: © S. Fischerverlage; Foto: © N. Eppner)


Willa ist die letzte Überlebende des Volks der Faeran. Von ihrer Großmutter hat sie gelernt den Wald zu schätzen, Bäume und darin lebende Tiere zu schützen. Sie ist eins mit dem Wals, kann seine Gestalt annehmen, verschmilzt mit der Natur. Willa und der Wald sind eine Einheit.

Wie überall ist auch in Willas Welt der Wald in Gefahr. Menschen rücken näher, nutzen ihn aus, benehmen sich egoistisch und rücksichtslos. Willa, die sich immer bemüht hat die Traditonen ihrer Familie in ehren zu halten, sucht nach Hilfe im Clan. Und stellt fest, dass auch dort Egoismus und Machtgier um sich greifen.

"Willa of the Wood" ist ein echtes Herzensbuch. Es hat mich tief berührt, mit einer emotionalen und klugen Geschichte, die für Kinder geschrieben wurde, aber auch von jedem Erwachsenen gelesen werden sollte.

Fesselnd und einnehmend arbeitet Robert Beatty Themen auf, die aktueller sind, denn je. Themen, mit denen wir alle uns beschäftigen sollten. Es geht um Umweltschutz, den Respekt vor der Natur, sie nicht auszubeuten, sondern zu schätzen, was uns gegeben wird.

Es geht aber auch um menschliches Miteinander. Um die Furcht vor Fremdem, um das Nacheifern von Ideologien, um Hass und wie einfach es ist diesen zu verbreiten. Aber auch um Liebe und Mitgefühl. Um füreinander da zu sein. Einander tolerant zu begegnen, offen und wertschätzend miteinander umzugehen.

Willa ist eine dieser Protagonistinnen, die klug und mutig sind. So richtig klug und mutig. Sie hinterfragt und ist in der Lage Fehler zu machen und diese auch einzugestehen. Sie ist keine dieser Aalglatten Figuren, sondern eine echte Heldin. Sie hat ein bisschen was von Ronja Räubertochter und ist zugleich sehr eigenständig. Ernster, bedächtiger, bereits mit der Härte des Lebens konfrontiert. Sie ist mir sehr ans Herz gewachsen und ich freue mich, dass es ein weiteres Abenteuer mit ihr geben wird.

Robrt Beatty hat mich mit Willas Geschichte hart gepackt. Es gab einige wirklich traurige Szenen, Momente, die mich so tief berührt haben, dass mir Tränen liefen. Für sehr mitfühlende Kinder wird sicher eine Begleitung durch Erwachsene notwendig sein. Ich glaube aber auch, dass gerade die Momente, in denen Empathie und Weitsicht gefordert sind, von vielen Kindern besser verstanden werden. 

"Willa of the Wood" ist eine absolute Herzensempfehlung. Lest es alle, nehmt etwas mit, hinterfragt und seid respektvoll. Miteinander und mit der Natur.



Buchinfo:

448 Seiten
Hardcover 16,00 €
ÜBERSETZUNG: Sabrina Sandmann


Rezensionen: © 2020, Nanni Eppner

06.04.20

Schatten der Ewigkeit. Zwillingsblut" | Carolin Wahl




Götter, Geister, Fabelwesen – das sind die Namen, die Menschen den Alias gegeben haben. Die Gestaltwandlerin Kit arbeitet bei der Alias Einheit, deren Aufgabe es ist, die Sterblichen vor abtrünnigen Alias zu schützen.
Nach einer Katastrophe, bei der ihr Partner stirbt, wird sie nach Edinburgh versetzt, aber auch hier scheint der Tod Kit zu verfolgen: Eine grausame Mordserie erschüttert die Stadt, und die Opfer
scheinen alle eng mit Kit verbunden zu sein. Gemeinsam mit ihrem menschlichen Partner Keagan versucht sie, den wahren Mörder zu finden und eine zweite große Katastrophe zu verhindern. Allerdings hat sich ein mächtiger Todesdaimon ihre Fährte aufgenommen, denn er ist der festen Überzeugung, dass Kit mehr über die Vorfälle weiß, als sie zugibt …
(Text & Cover: © Droemer Knaur; Foto: © N. Eppner)


Gestaltwandlerin Kit flieht vor ihrer Vergangenheit. Während einer ihrer Einsätze als Agentin zum Schutz vor abtrünnigen Alias, stirbt ihr Partner. Ihr Verschulden? Ihn nicht gerettet zu haben, hängt ihr nach, ihre Schuldgefühle quälen sie bis in ihre Träume. Dorthin gesellen sich weitere Erlebnisse, die sich wie Erinnerungen anfühlen und gleichzeitig wie etwas, das ihr noch geschehen könnte. 

Ihre Versetzung nach Edinburgh beschert ihr einen neuen Partner. Keagan ist anders als Kit ein Mensch, der scheinbar ebenfalls Geheimnisse hat und deshalb um Kits Vertrauen kämpfen muss. Während die beiden versuchen dem Mörder von Kits Partner zu finden, gerät Kit in das Visier eines Todesdaimons. Was will er und was geht in der Unterwelt der Alias vor sich?

Carolin Wahl schafft eine fantasievolle Welt voller magischer Wesen. Farbenfrohe Urban Fantasy. Unter dem Begriff Alias sammelt sie verschiedene Fabelwesen, die entweder gut oder böse sind. Kits Einsatz als Kämpferin fürs Gute erinnert mich ein klein wenig an Men in Black, fühlt sich aber nicht abgekupfert an und an Sympathien steht Kit Will Smith in nichts nach. Einzig seine Coolness könnte sie gebrauchen, denn sobald sie sich erschrickt oder Angst bekommt, verwandelt sie sich in einen Fuchs, was vor allem dann unangenehm wird, wenn sie in ihre Menschenähnliche Gestalt zurückwechselt und ohne Kleidung da steht.

"Schatten der Ewigkeit" ist richtig spannend und voller unvorhergesehener Ereignisse. Einzig Kits Geheimnis war für mich etwas absehbar, was aber trotzdem nicht dafür sorgte, dass ich nicht bis zu letzt ans Buch gefesselt war. Gespickt mit einer Prise Humor, die dem ganzen eine Leichtigkeit verleiht, die für richtig Freude beim Lesen sorgt. Carolin Wahl hat mir nach "Die Traumknüpfer" wieder einmal gezeigt, dass sie nicht nur über handwerkliches Können, sondern auch fantasievolle Ideen verfügt und diese zu einer lesenswerten Geschichte verarbeiten kann. Ich freue mich schon auf weitere Abenteuer mit Kit und Keagan.


Buchinfo:

384 Seiten
Paperback 12,99 €

Reiheninfo:

1. Schatten der Ewigkeit. Zwillingsblut
weitere Bände in Planung


Rezensionen: © 2020, Nanni Eppner

02.04.20

[Monatsrückblick] März 2020



Der März 2020 wird uns allen im Gedächtnis bleiben. Der März 2020 hat unser aller Leben aus der Bahn geworfen. Das eine vielleicht mehr, das andere weniger.


Für uns bedeutet es unter anderem, dass mein Mann seiner Arbeit nicht mehr nachgehen darf und dass wir - wie viele andere auch - weder Freunde noch Familie sehen. Einschränkungen, mit denen wir alle zu kämpfen haben. 

In den ersten Tagen, in denen klar war, dass der Corona Virus von nun an unseren Tagesablauf bestimmen würde, stand ich völlig neben mir. Seitdem ist es ein Auf und Ab der Gefühle. Mir gehen viele Fragen, Ängste und Sorgen durch den Kopf, ich vermisse geliebte Menschen und kann gar nicht fassen, dass unter diesem strahlend blauen wunderschönen Frühlingshimmel ein Virus sitzt, der Menschenleben bedroht.

Ich bin gerade absolut dankbar dafür, dass wir in einer ruhigen Straße ohne andere Kinder wohnen, dass die Häuser weit auseinander stehen, dass wir einen Garten besitzen, an den ein Wald grenzt, zu dem nur wir Zugang haben. All das ist gerade pures Glück. Für die Kinder, aber auch für meinen Mann und mich.

Wie geht es dir gerade so? 


Ich möchte nun aber gar nicht weiter über Corona sprechen. Ich kann keine fundierten Nachrichten dazu bieten und möchte lieber für Ablenkung sorgen.

Mein Lesemonat März war echt okay. Ich hätte gerne noch etwas mehr gelesen, aber ich hatte arg Schwierigkeiten mich zu konzentrieren. Seit ein paar Tagen versuche ich den Medienkonsum wieder einzuschränken, um gedanklich so weit zur Ruhe zu kommen, dass ich in die schönen Geschichten, die auf meinem SuB warten, eintauchen kann. Ich habe natürlich auch eine Ausrede dafür, dass ich mit den Rezis hinterherhänge. Ich sage nur so viel: Wie schaffen die Eltern, deren Kinder Zuhause sind, ihre Arbeit im Homeoffice?



[Leseliste]

15) "Das neunte Haus" | Leigh Bardugo | Droemer Knaur
16) "Bleib doch, wo ich bin" | Lisa Keil | S. Fischerverlage
17) "Kein Teil der Welt" | Stefanie de Velasco | KiWi
18) "Schatten der Ewigkeit. Zwillingsblut" | Carolin Wahl | Droemer Knaur
19) "Die Schule am Meer" | Sandra Lüpkes | Rowohlt
20) "Willa of the Wood" | Robert Beatty | S. Fischerverlage KJB



[Räuberkinder]





[Gedanken]






Meine Märzbücher habe ich aus verschiedenen Genres zusammengesucht. Meine Auswahl war durch die Bank spannend und gut erzählt. Kauf und lies alle ;) 

Zwei der Bücher konnten mich besonders begeistern.




"Die Schule am Meer" von Sandra Lüpkes beruht auf einer wahren Geschichte. In den 1920ern wurde auf Juist ein Internat gegründet, das sich sehr von den schulischen Anforderungen anderer Einrichtungen unterschied. Das ist für einige der Inselbewohner*innen ein Dorn im Auge. Streitigkeiten, um Werte und Konventionen, die im Laufe der Zeit einen deutlichen Rechtsruck erfahren, gehören ebenso zum Alltag der Lehrer*innen wie die persönlichen Problem ihrer Schüler*innen. Ich mag ja einfach solche Geschichten, in denen historische Fakten und persönliche Schicksale (die in diesem Fall auch zum Teil auf wahren Begebenheiten beruhen) verwoben werden. Sandra Lüpkes hat es handwerklich drauf und einen authentischen, bewegenden und mitreissenden Roman geschrieben, der von mir den Stempel Monatshighlight bekommt.




Ein Kinderbuch hat es im letzten Monat geschafft ein Herzensbuch zu werden. "Willa of the Wood" von Robert Beatty hat etwas von Ronja Räubertochter, ist klug und berührend. Es handelt von Rücksicht, von Respekt voreinander und vor der Natur, von Freundschaft und Hilfsbereitschaft, davon gradlinig zu sein und sich eine eigene Meinung zu bilden. 

Welches Buch konnte dich im März so richtig begeistern?


Noch eine Herzensangelegenheit. 
Falls du neue Bücher kaufen möchtest, aber nicht in die Buchhandlung gehen kannst, weil sie geschlossen ist, schau doch nach, ob deine örtliche Buchhandlung einen Lieferservice anbietet. Wenn nicht, unterstütze doch bitte eine andere Inhabergeführte Buchhandlung und nicht Kaufrauschriesen. Ich bestelle meine Bücher beim Buchladen am Freiheitsplatz. Dort ist der Service toll. Ich kann mich telefonisch beraten lassen, es werden alle Bücher besorgt (auch in Originalsprache) und Versandkostenfrei innerhalb Deutschlands verschickt. Und das so schnell wie es den Mitarbeitern möglich ist. Neuerscheinungen kannst du vorbestellen, Spiele und Papeterie ebenfalls dort kaufen. Auf Genialokal kannst du aber auch nachschauen welche Buchhandlungen in deiner Nähe sind.



Im März:




...haben wir noch einmal einen schönen Nachmittag mit Freunden verbracht.
Mit wandern, Picknick und gemeinsam kochen.



...den ersten Kaffee draußen getrunken

...hat die Räubertochter Fahrrad fahren gelernt.

...haben wir ein bisschen Frühlings- und Osterhaft dekoriert.

...viel Vitamin C gegessen.




...glauben wir fest daran, dass am Ende alles gut wird.